Der weibliche Blick
Imogen und Twinka. Die alte Frau und das junge Mädchen. Ein skeptischer und ein lockender Blick. Junge unschuldige Schönheit, den Körper wie eine Elfe schamhaft abgewendet, trifft auf die musternde wissende Haltung einer alte Dame. Motto: Was soll das denn? Eine Momentaufnahme arrangiert von der amerikanischen Fotografin Judy Dater. Das war 1974 im Yosemite-Park. Das Foto Imogen und Twinka ist längst eine Ikone der modernen Fotografie.
Gibt es den weiblichen Blick? Imogen und Twinka von Judy Dater verkörpern die verführerische Nymphe und die argwöhnische Alte. Judy, nunmehr selbst 74 Jahre alt, sagt, sie interessiere einzig und allein der magische Moment. Voyeurismus sei immer ein Teil der Fotografie. Dabei sind Fotosessions sehr persönlich. „Ich habe kein Publikum, was mir sagt, was zu tun ist“, meint Judy Dater. Sie wird als Feministin bezeichnet.
Judy Dater hat in ihren Arbeiten das Leben beschrieben. Ungeschminkt, neugierig, respektvoll, meist in Schwarz-Weiß. Außenseiter stehen im Mittelpunkt. Diese Menschen verteidigen vor der Kamera ihre Würde. Daters Arbeiten beflügeln die Phantasie, fordern die Sinne heraus, berühren den Betrachter. Dater konzentriert sich auf das Wesentliche. Ist das nun der berühmte weibliche Blick?
Imogen Cunningham übrigens, die mürrische Alte mit Fotoapparat und Friedensabzeichen, war die große alte Dame der US-Fotografie. Sie gründete in den dreißiger Jahren mit Gleichgesinnten die Gruppe f/64. Diese Pioniere setzten auf größtmögliche Schärfentiefe und Detailgenauigkeit. Imogen starb zwei Jahre nach der Begegnung mit Fotomodell Twinka am Fuße des mächtigen Baumes mitten im Yosemite-Park.
Mehr über die Fotografin hier Judy Dater