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REFORMATORISCH DAGBLAD

Belanrijke rol kerk bij revolutie in 1989 “Hoe langer de DDR dood is, hoe mooier ze wordt”, haalde tv-correspondent Christhard Läpple schrijver Jurek Becker aan. De kerken hebben volgens hem de taak om de verwerking van het DDR-verleden opnieuw op gang te brengen en zakelijker te maken.”

 

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Horch und Guck 02/2009 S. 71-72

von Sandra Pingel-Schliemann

Von Klassenfeinden und Verrätern

„Über das Leben in der DDR erzählt auch Christhard Läpple. Allerdings widmet es sich einem ganz speziellen Aspekt: dem Verrat. Warum haben sich viele Menschen als Inoffizielle Mitarbeiter verpflichtet und andere bespitzelt? Waren Sie Überzeugungstäter, Abenteurer, Idealisten, Karrie­risten oder Psychopathen? Läpple nähert sich diesen Fragen an, in dem er sechs unterschiedliche Lebensgeschichten von DDR-Bürgern erzählt, die zu Tätern, aber auch zu Opfern der SED-Diktatur wurden.

Da ist zum Beispiel der „Meisterspion aus Dresden“, der aus politischer Überzeugung ein Doppelleben führte und die Dresdner Künstlerszene ausspionierte. Bizarr ist, dass sich der Professor der Dresdner Kunsthochschule nach dem politischen Umbruch in der DDR mit an die Spitze der Protestbewegung setzte, in Hörfunk und Fernsehen tätig und zum unbarmherzigen Stasi-Ankläger wurde. Dass er selbst Hunderte Berichtsseiten verfasste, verschwieg er.

Läpple berichtet auch von einer promovierten Pädagogin, die die HVA als Agentin in den Westen schickte. Ihren minderjährigen Sohn ließ sie für „den Auftrag“ in der DDR zurück. Sie trug für die HVA Informationen über bekannte und weniger bekannte bundesdeutsche Journalisten und Politiker zusammen und bekam dafür auch einen Verdienstorden. 1988 stieg sie aus eigenem Antrieb aus, sie verstand sich nicht mehr als „Kundschafterin des Friedens“, ihre Zweifel an der geheimen Tätigkeit wurden zu groß. Repressalien seitens des MfS war sie wegen ihres Ausstiegs nicht ausgesetzt.

Darüber hinaus schildert Läpple den Fall eines Weimarer Museumsdirektors, der jahrelang für das MfS einen westdeutschen Korrespondenten ausspioniert hatte, da dieser ihm vertraute. Kein anderer Spitzel war so dicht an dem Korrespondenten dran wie sein vermeintlicher Freund, so dass das MfS viel über sein berufliches und privates Leben in Erfahrung bringen und „operativ“ nutzen konnte.

Die wohl dramatischste Täter-Ge­schichte, die Läpple aufgespürt hat, ist die vom Bruder der seine Schwester bespitzelte. Sie flüchtete kurz nach dem Mauerbau in den Westen und verliebte sich dort in einen Journalisten, der später in der DDR akkreditiert wurde. Sofort wurde die Stasi aktiv, spannte den Bruder ein, der als leitender Angestellter in einem ostdeutschen Landwirtschaftsbetrieb arbeitete, und motivierte ihn, sich mit Schwester und Freund regelmäßig zu treffen, um diese „abzuschöpfen“. Im Ergebnis kamen viele Seiten an Informationen zusammen, die das MfS einsetzte, um gegen den Journalisten vorzugehen. Verrat, so der Bruder im Gespräch mit dem Autor, habe die Schwester begangen, als sie damals in den Westen ging, nicht aber er.

Insgesamt zeigen die Geschichten, die Läpple aus geheimpolizeilichem Aktenmaterial und persönlichen Gesprächen zusammengefügt hat, dass die Täter immer wieder versuchen, sich ins rechte Licht zu rücken und sich selbst täuschen über das, was sie getan haben. Da ist von „Kundschaftern des Friedens“ die Rede, von der Rettung des Sozialismus und einer gerechteren Welt oder davon, dass jeder Staat Geheimdienste brauche und das Bespitzeln von Menschen eine legitime Sache sei. Den Vorwurf des Verrates weisen die meisten von sich. Der Autor selbst hält sich mit Urteilen zurück. Er kommentiert nicht, er moralisiert nicht. Antworten auf seine vielen Fragen geben die geschilderten Fälle selbst preis.

Nur zwei von sechs dokumentierten Lebenswegen in dem Buch handeln von Menschen, die zu Opfern wurden. Die zwei Kapitel wirken allerdings besonders lange nach. In die „Die Rebellin aus Berlin“ schildert Läpple das Schicksal einer jungen Mutter, die einem ZDF-Korrespondenten Manuskripte übergibt, in denen sie die Mangel- und Vetternwirtschaft in der DDR anklagt, die sie als Abteilungsleiterin in einem zentralen Warenkontor in Ost-Berlin tagtäglich erlebte. Doch weder der ZDF-Korrespondent noch andere westdeutsche Medienvertreter interessieren sich für ihre Geschichte. Ihre Manuskripte werden nie veröffentlicht, sie aber wird verhaftet. In der MfS-Untersuchungshaft in Berlin-Hohenschönhausen wird der Vernehmungsoffizier über Monate ihr einziger Gesprächspartner. Sie beginnt, ihm zu vertrauen und erzählt ihm vieles. Das Beweismaterial wurde zu einer immer schwereren Last. Schließlich wird sie zu sieben Jahren Haft verurteilt. Während sie noch heute unter der Verfolgung leidet, wurde nach 1989 keiner der verantwortlichen Stasi-Offiziere zur Verantwortung gezogen. Einer von ihnen schaffte es sogar in die Vorstandsetage eines Unternehmens. Hier zeigt sich die ungerechte Diskrepanz, die sich im vereinten Deutschland nach wie vor zwischen Opfern und Tätern auftut, besonders drastisch.

Der andere Fall ist der von Dieter Wolter aus Wittenberge, der schon als Minderjähriger in Konflikt mit der Staatsmacht geriet und deshalb in einem Jugendgefängnis umerzogen werden sollte. Nach seiner Entlassung unternimmt er weitere Fluchtversuche, wird immer wieder gefasst und verurteilt. Viele Jahre seines Lebens verbringt er hinter Gefängnismauern, bis er die DDR verlassen kann.

Die Schicksale von Kerstin Starke und Dieter Wolter waren bislang unbekannt. Läpple hat den Opfern durch seine bildhafte Schreibweise ein Gesicht gegeben, auch wenn er nur mit Pseudonymen arbeitet. Auch die Täter, deren Lebensgeschichten Läpple beschreibt, bleiben anonym.

Der Autor stieß bei seinen Recherchen auf viele Widerstände, wie im Nachwort nachzulesen ist. Die meisten Spitzel, zu denen er Kontakt suchte, wehrten ab oder drohten mit Verleumdungsklagen. Dass Läpple sich auch trotz Gewaltandrohung nicht einschüchtern ließ, spricht für ihn. Entstanden ist ein bewegendes und beeindruckendes Buch, das die Abgründe menschlichen Verrates aufzeigt.“