Haben Sie eine Geschichte?
Theodor Fontane schrieb seinen ersten Roman im zarten Alter von sechzig Jahren. Kein Wunder, dass er vielen mehr oder weniger begabten Menschen des Wortes als Vorbild dient. Frei nach dem Motto: Wartet ab, wenn ich auch mal die Sechzig voll habe. Dann geht´s zur Sache. Ein Bestseller nach dem anderen. Im Alter meißelte der märkische Meister Fontane Sätze wie diese in die Literaturgeschichte: „Was uns obliegt, ist nicht die Lust des Lebens, auch nicht einmal die Liebe, die wirkliche, sondern lediglich die Pflicht.“
Keine Lust am Leben. Nur Pflicht. Preußischer geht´s nimmer. So ist es im Stechlin. Pflichterfüllung ist alles. Disziplin. Gehorsam. Kerzengerade mumifiziert bis der Staub von den Schulterstücken rieselt. Unverrückbar. Da wird es auf Dauer sterbenslangweilig. Haben Sie eine Geschichte? Eine bessere? Voller Leichtigkeit. In einer fröhlichen Abfolge von Anfang, Irrungen, Wirrungen und überraschendem Ende. Gewürzt mit Witz und Esprit? Garniert mit Bruchstücken, Entwürfen und Versuchsanordnungen. Wie heißt es doch bei Max Frisch? „Ich probiere Geschichten an wie Kleider.“ Sollte es nicht klappen, spendet Meister Fontane einmal mehr verlässlich Trost. Denn morgen kommt ein anderer Tag. Ganz sicher.
Trost
Tröste dich, die Stunden eilen,
Und was dich drücken mag,
Auch das Schlimmste kann nicht weilen,
Und es kommt ein anderer Tag.
In dem ew`gen Kommen, Schwinden,
Wie der Schmerz liegt auch das Glück,
Und auch heitere Bilder finden
Ihren Weg zu dir zurück.
Harre, hoffe. Nicht vergebens
Zählest du der Stunden Schlag,
Wechsel ist das Los des Lebens,
Und – es kommt ein anderer Tag.