Traum-Haus DarkWorkX

„Reich aber sexy?“

„Und am Ende der Straße steht ein Haus am See, Orangenbaumblätter liegen auf dem Weg“, singt Peter Fox von Seeed. Der Traum vom idealen Heim, von Natur und Freiheit, Gemeinschaft und Geborgenheit. Der Häusle-am-See-Song ist genau elf Jahre alt. Genau solange ist ein Mann am Ruder, dessen Wirken in Berlin Aufregung, Staunen wie Unbehagen auslöst: Michael Zahn, Jahrgang 1963, Diplom-Volkswirt aus Freiburg. Der Super-Mann des Konzerns Deutsche Wohnen.

In Zeiten, in denen selbst ein Wohnwagenplatz 600 Euro kostet, soll sein Unternehmen nun volkseigen werden. Mietdämpfung durch Enteignung. Das sieht ein Bürgerbegehren vor. Im Visier ein Immobilienkonzern, der zwei riesige Wohnbaugenossenschaften übernommen hat: erst die Gehag, 2013 die GSW. Mittlerweile verwaltet die einstige Deutsche Bank-Tochter Deutsche Wohnen in Berlin rund 115.600 Wohnungen, alles ehemaliger Senatsbesitz. Die Folge: Preise steigen, Temperaturen fallen. Volkswirt Zahn: „Wir wussten gar nicht, dass die Heizung ausgefallen ist.“ Mieter frieren, weil Reparaturen und Service an Drittfirmen ausgelagert wurden.

Wer ist Michael Zahn? Auf der Website heißt es: „Der Chief Executive Officer verantwortet die strategische Ausrichtung der Deutsche Wohnen-Gruppe. Er steuert die Bereiche Strategy, Asset Management, M&A/Disposals, Corporate Communication, Procurement & Strategic Participations, Human Resources, Marketing und IT.” Alles klar? Über den Mann aus Baden ist nur wenig bekannt. Er liebt und sammelt Kunst, fördert Handball und bevorzugt schnelle Autos. Schwarze Maseratis zum Beispiel. Öffentliche Auftritte behagen ihm weniger. Diskretion ist sein Geschäftsmodell.

Seit der Enteignungsdebatte („Kommt jetzt die DDR zurück?“) steht der Wohnungs-Chef unter Druck. Er reagiert mit Zuckerbrot und Peitsche. Einerseits betont er: „Wir haben teilweise zu wenig mit den Mietern und mit der Öffentlichkeit gesprochen und zu wenig über die positiven Aspekte unserer Arbeit berichtet.“ Andererseits gibt er sich kämpferisch: „Wir lassen uns nicht enteignen und wir werden nicht enteignet.“ Die Emotionen kochen hoch. Berlin brummt, zittert, wettert, stöhnt und streitet. Die Nation schaut zu.

Berlin-Mitte. Dorotheen- Ecke Schadowstraße. Überall wird abgerissen, neu gebaut. Eine Stadt im Boom. Jeder Quadratmeter ist umkämpft.

Der Berlin-Boom hat Michael Zahn nach oben katapultiert. Der Vorstandsvorsitzende konnte innerhalb von wenigen Jahren sein Gehalt nahezu verdoppeln. Derzeit liegt seine Vergütung bei geschätzten 4.4 Millionen Euro im Jahr. Damit verdient der Herr der Deutsche Wohnen mehr als zehnmal so viel wie die Bundeskanzlerin. Sie kommt unterm Strich auf rund 300.000 Euro brutto pro Jahr. Deutschland hat sich verändert.

Dieser Wandel geschieht ganz legal. Folge der Liberalisierung auf dem Wohnungsmarkt. Der eine zahlt (immer mehr) Miete, der andere wird reich. Zahn ist seinen Aktionären und nicht den Mietern verpflichtet. Er kümmert sich um Börsenkurse, nicht um das Gemeinwohl. Das ist Angela Merkels Aufgabe. Verrückte Welt? Viele Menschen verbringen derzeit schlaflose Nächte. Sie wissen nicht, ob sie bleiben können. Oder wenn ja, wie sie die nächste „energetische Modernisierung“ sprich: Erhöhung bezahlen sollen.

https://youtu.be/kJen73982SE
Ich suche neues Land
Mit unbekannten Straßen,
Fremde Gesichtern und keiner kennt meinen Namen!
Alles gewinnen beim Spiel mit gezinkten Karten.
Alles verlieren, Gott hat einen harten linken Haken.
Ich grabe Schätze aus im Schnee und Sand.
Und Frauen rauben mir jeden Verstand!
Doch irgendwann werd ich vom Glück verfolgt, hmm
Und komm zurück mit beiden Taschen voll Gold.
Ich lad‘ die alten Vögel und Verwandten ein, ou
Und alle fangen vor Freude an zu weinen.
Wir grillen, die Mamas kochen und wir saufen Schnaps.
Und feiern eine Woche jede Nacht.

Peter Fox. 2008

Für alle anderen geht es munter und fröhlich weiter: Auf zur nächsten Party. Berlin ist nun reich und sexy für alle, die es sich leisten können. Die Hauptstadt hat sich verändert. Schon vor zehn Jahren zelebrierte Peter Fox seinen Traum, ein Haus am See: „Ich hab 20 Kinder meine Frau ist schön, alle kommen vorbei, ich brauch nicht mehr rauszugehen.“

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