Stimmwunder
Als ich neulich ihre Stimme im Radio hörte, war ich hin und weg. Ein kurzer Live-Auftritt abends, unplugged. Die Stimme hell und klar, ausdrucksvoll, mit großer Bandbreite. Erster Eindruck: Auffallend anders, die Frau kann famos singen und hat mit ihren Texten auch noch etwas zu sagen. Als ich ihren Namen hörte, machte es Klick. Katharina Franck. Da war doch was? Richtig! Die Rainbirds. Eine Berliner Kultband. Unverwechselbarer Gitarrensound. Die Achtziger vor Augen suchte ich im Netz ihren größten Hit: Blueprint. Ihr Durchbruch. Wie Phoenix aus der Asche der ausgebrannten Neuen Deutschen Welle stieg die Band im Herbst 1987 empor. Eine halbe Million verkaufte Alben, lese ich nach, Goldene Schallplatte und Hymnen ohne Ende wie „Sternstunde der deutschen Pop-Musik“. Katharina Franck vorneweg. Markenzeichen Kurzhaarschnitt. Dann war sie weg. Ein Fall, wie man eine Karriere vermeidet?
Ein Jahr vor dem Mauerfall, sagte Katharina Franck auf dem Höhepunkt der Rainbirds im Spiegel: „Wir sind irgendwie normal und stellen nicht dar, was wir nicht sind. So etwas überzeugt die Leute. So wie wir aussehen, klingen wir auch“. Die Band brauchte weder Insta-Fotos oder TikTok-Schnickschnack um europaweit bekannt zu werden. Nach zwei langen Sommern brach die Band auseinander. „Es ging damals alles viel zu schnell . . . Wir haben nach außen hin ein sehr klares Gruppenbild abgegeben, aber innen drin gab es große Probleme, weil wir aus dem Proben und Spielen und Interviews geben gar nicht mehr herausgekommen sind. Nach der zweiten Tour war ich auch körperlich einfach am Ende, ich habe mich teilweise durch die Konzerte nur noch hindurch gehustet“.
Katharina Franck machte sich auf eine lange Reise, auf die nicht einfache Suche nach neuen Wegen. Die Diplomatentochter produzierte Hörspiele, experimentierte mit Avantgarde-Künstlern aus dem Umfeld der Einstürzenden Neubauten. Sie veröffentlichte Spoken-Word- Platten, vertonte literarische Größen wie Rilke oder Fontane in Reinhardt Repkes’ „Club der Toten Dichter“. Als Proberäume in Berlin unbezahlbar wurden, zog die gebürtige Düsseldorferin in ein altes Forsthaus bei Neuruppin aufs Land. Auf die Frage, was eine berufliche Alternative wäre, sagte sie einmal: „Schleusenwärterin“. Ihr größter Traum? „Dass die Würde aller Menschen wirklich unantastbar wird“.
Wenn Katharina Franck singt, dann jubilieren meine Ohren, als würden Regenvögel einen neuen Morgen begrüßen. Auch wenn die Zeit ihrer Hits vorbei sein mag, Katharina Franck ist eine Wiederentdeckung wert. Im September will die bald 69-jährige Künstlerin Neues vorstellen.