Pfau in Aktion. Quelle: TheUjulala

Fegefeuer der Eitelkeiten

Was muss, was sollte privat bleiben? Gelten für den internen Verkehr von Personen des öffentlichen Lebens eigene Regeln? Menschen mit großem Geld, großer Macht und noch größerem Ego.  Beim aktuellen Gemetzel im Hause Springer scheinen viele Sicherungen durchzuknallen. Kündigt sich ein großes Fegefeuer an? Holen Mathias Döpfner die Geister ein, die er anheuerte oder feuerte? Der 60-jährige studierte Musikwissenschaftler inszeniert sich gerne als Feingeist. Motto: das Einzige, was zählt, seien Kunst und Liebe. Aber er kann auch anders. Der milliardenschwere Springer-Chef laut „Zeit“:  „Mein Kompass geht so: Menschenrechte – keine Kompromisse. Rechtsstaat – zero tolerance und alles für die reine Lehre. Lebensstil ((was Ficken und solche Sachen betrifft – Fritz zwo: jeder soll nach seiner Fasson (oder facon)…))“. Schreibweise Original Döpfner. Der gebürtige Bonner nimmt viele Menschen, doch bevorzugt Ostdeutsche ins Visier. „Meine Mutter hat es schon immer gesagt. ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen ddr eine Agrar und Produktions Zone mit Einheitslohn machen.“ Wow! „Eigentlich ist eine Entschuldigung fällig, Chef“, meint Bild-Chefin Marion Horn. Aber warum nur „eigentlich“? Mittlerweile hat sich Döpfner „in eigener Sache“ auf der BILD-Website entschuldigt, beharrt jedoch auf Gedankenfreiheit.

 

Mathias Döpfner. Mächtiger, milliardenschwerer Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE im Zenit, 2018. Quelle: Wikipedia

 

An der Echtheit der Aussagen aus Döpfners Welt scheint es kaum Zweifel zu geben. Logischerweise ist die Quelle im nächsten Umfeld Döpfners zu vermuten. Der Verlagschef hat sich offenbar zu viele Feinde gemacht. Vieles spricht dafür, dass sein geschasster Ziehsohn Julian Reichelt die große Rache-Keule in die Hand genommen hat. Seine Waffe: eine Doppelseite in der seriösen „Zeit“ garniert mit saftigen Zitaten seines früheren Chefs Döpfner. Merke: Gekränkte Eitelkeit ist mindestens so toxisch wie Eitelkeit selbst, eine der sieben Todsünden. So ist das in der Welt der sonnenbebrillten Männer mit Sneakers ohne Socken. Frauen mit viel Geschmeide in bunten, kurzen Sommerkleidchen. Nimm-mich-Blicke, Sex-on-demand, ich will spielen…

 

Ziemlich beste Freunde. Ein Gruppenbild ohne Dame. Mathias Döpfner, Julian Reichelt, Richard Grenell (damaliger US-Botschafter) Juni 2019. Quelle US-Botschaft Berlin

 

Es gibt keinen besseren Gesellschaftsroman aus der Welt der selbstverliebten Eliten als „Fegefeuer der Eitelkeiten“ von Tom Wolfe. Die Geschichte des Wallstreet-Brokers Sherman McCoy mit Wohnsitz Park Avenue und einem Apartment mit Vier-Meter-Decken. 1987 erschienem, zeitlos und perfekt anschlussfähig an die Berliner Eitelkeitsmaschine im Springer-Konzern. Lust auf mehr?

 

https://youtu.be/CywDxMCmVfY

 

 

„Wenn man Sherman McCoy so dahocken und so angezogen sah, wie er´s jetzt war, in seinem karierten Hemd, den Khaki-hosen und den ledernden Ledermokassins, hätte man nie erraten, was für eine imposante Erscheinung er normalerweise abgab. Noch jung … achtunddreißig Jahre alt … hochgewachsen … fast einsfünfundachtzig – hervorragende Körperhaltung … hervorragend, um nicht zu sagen: gebieterisch … so gebieterisch wie sein Daddy … volles sandbraunes Haar … lange Nase … ein markantes Kinn … Er war stolz auf dieses Kinn. Es war ein männliches Kinn, ein starkes, rundes Kinn, ein aristokratisches Kinn, wenn man wissen möchte, was Sherman dachte. Er war Yale-Absolvent.

Aber in diesem Augenblick sollte seine ganze Erscheinung ausdrücken: Ich gehe nur mal mit dem Hund um den Block. Der Dackel schien zu wissen, was auf ihn zukam. Er drückte sich beharrlich vor der Leine. Die kurzen Beine des Köters täuschten. Wenn man ihn zu greifen versuchte, verwandelte er sich in eine sechzig Zentimeter lange muskelbepackte Röhre. Bei dem Gerangel mit dem Tier musste Sherman sich nach vorn werfen. Und als er sich nach vorn warf, stieß er mit der Kniescheibe gegen den Marmorboden, und der Schmerz machte ihn wütend.“

 

Mehr über Sherman, den Master of the Universe und seinen Dackel Marshall, seinen Aufstieg wie Fall in: „Fegefeuer der Eitelkeiten“. Es lohnt sich.

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