King Kong in Brandenburg
Von oben betrachtet wirkt Tesla wie ein riesiges, notgelandetes Raumschiff in der märkischen Streusandbüchse. Mächtig, raumgreifend, ein gewaltiges Versprechen für eine bessere Zukunft. Seit gut einem Jahr rollen vor den Toren Berlins in Grünheide jede Woche rund fünftausend neue Tesla Modell Y vom Band. Abgasfreie E-Autos, gefertigt von fünfhundert Robotern, darunter „King Kong“. Bedient und betreut von etwa zehntausend Mitarbeitern, seit kurzem im Dreischichtsystem. Eine Gigafactory, errichtet im Tesla-Eil-Tempo. In etwas mehr als zwei Jahren pflanzte Elon Musk sein Riesending zwischen Brandenburger Kiefern. „Wie ein Sonnenstrahl in dunkler Zeit“, jubelte Brandenburgs Regierungschef Woidke von der SPD bei der Eröffnung. „Wir können Deutschland-Tempo“, pflichtete Kanzler Scholz bei. „Die Ansiedlung ist ein Lottogewinn“, triumphierte Arne Christiani, der Bürgermeister von Grünheide alias Tesla-City.
Tesla-PR-Film. Mai 2023.
„Unser Erfolg beruht auf unserer Weigerung, Dinge so zu tun, wie sie schon immer gemacht wurden.“ Das Tesla-Motto. Diese Devise hat Elon Musk in Grünheide zu hundert Prozent umgesetzt. Selbstbewusst werden Erfolge vermeldet, Bedenken ignoriert oder einfach zur Seite geräumt. Bislang hätten Tesla-Modelle weltweit 8,4 Millionen Tonnen CO2 eingespart, das entspreche über 20 Milliarden gefahrenen Kilometern, heißt es. Tesla hat viele Fans. Den Selfmademan Musk, der in Texas sein Mars-Projekt vorantreibt, scheint nichts aufhalten zu können. Bremsen Behörden, finden Tesla-Manager immer eine Lösung. Entweder wird einfach weitergebaut oder viele Genehmigungen erst nachträglich erteilt. Widersprüche von besorgten Bürgern werden hingehalten, nicht wenige erst nach zwei Jahren bzw. nach Fertigstellung der Anlagen beantwortet.
„Tesla ist Segen und Fluch für die Region“, sagt Sandra Ponesky vom Wasserverband Strausberg-Erkner, zuständig für 170.000 Menschen in der Tesla-Region. Das Megawerk liegt zu Teilen in einem Trinkwasserschutzgebiet. Im staubtrockenen Brandenburg fehlt mittlerweile jedoch die Regenmenge eines ganzen Jahres. Bereits im Hitzesommer 2018 wurde der Wasserverbrauch in der Region eingeschränkt. Dennoch gab es im September 2019 die Blanko-Zusage für Tesla-Chef Musk. Für die geplanten 500.000 Teslas pro Jahr in Grünheide werden 1.5 Millionen Kubikmeter Wasser benötigt. Tesla ist Großverbraucher, derzeit in der Größenordnung einer 40.000 -Einwohnerstadt. Wasser ist knapp. Nun sollen Abwasser recycelt werden, verspricht Tesla.
„Hier ist quasi überall Wasser. Sieht das hier aus wie eine Wüste? Das ist lächerlich. Es regnet sehr viel. Wasser gibt´s hier im Überfluss“, kommentierte Musk vor Ort die Sorgen und Ängste von Anwohnern und Naturschützern. Namhafte Politiker standen grinsend daneben. Tesla will die Produktion weiter hochfahren. Im Endstadium würden sieben Millionen Kubikmeter Wasser benötigt, schreibt Autor Uwe Ritzer in seinem neuen Buch „Zwischen Dürre und Flut“. 1.721 Pfähle habe Tesla im Trinkwasserschutzgebiet ohne Genehmigung eingebracht. Das viele Wasser für Tesla, müsse daher auf Kosten der Allgemeinheit eingespart werden. Wegen der Wasserknappheit im Landkreis Oder-Spree darf jede Privatperson, die zuzieht, nur noch 105 L Wasser/Tag verbrauchen, gut 20 Liter weniger als der durchschnittliche Pro-Kopf-Wasserverbrauch. So entstehen „blühende Landschaften“, doch dafür sollte jederzeit genügend Wasser vorhanden sein. Was tun? Es muss mehr regnen. Vielleicht kann Pioniergott Musk auch das noch anordnen?