„Natur braucht Geld“
Der Regenwald soll gerettet werden. Die Amazonas-Konferenz blieb vor kurzem unverbindlich. Auf einen Abholzungsstopp ab 2030 konnte sie sich nicht einigen. Bedauerlich, es war das erste gemeinsame Treffen seit vierzehn Jahren. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva brachte das Problem auf den Punkt: „Mutter Natur braucht Geld, sie braucht Finanzierung, weil die industrielle Entwicklung sie in den letzten 200 Jahren zerstört hat“. Das gigantische wie gefährdete Amazonasgebiet verfügt über zehn Prozent der biologischen Vielfalt unserer Erde. Die Hunderte Milliarden von Bäumen sind eine der wichtigsten Kohlenstoffsenken der Welt. Daher fordern Amazonas-Anrainer die von den Industrienationen versprochenen 100 Milliarden US-Dollar. Aber kann man mit Geld Natur reparieren? Welche Lösungen gibt es jenseits von Appellen oder Verboten, angesichts großer aber ergebnisloser Konferenzen?
Die Deutschen leben längst über ihre Verhältnisse. Des Pudels Kern: Wir wissen das, wollen es aber nicht wirklich ändern. Der Erdüberlastungstag – der German Overshoot Day – wurde dieses Jahr bereits am 4. Mai erreicht. Das bedeutet: Lebten alle wie wir, bräuchte es mindestens drei Erden. Frage: Kann uns das kapitalistische Gewinnstreben helfen, das unseren Wohlstand in den letzten Jahrzehnten gesichert hat? Geht das? Bäume als Kapitalanlage? Natur als Investment? Ja, es gibt sogenannte Waldinvestments, die versuchen mit unserem schlechten Gewissen gute Gewinne zu erzielen. Investoren wie Forrest Finance oder Life Forestry Group versprechen einen „Zinseszinseffekt der Natur“. Die Botschaft: Kapitalisten aller Länder, werdet Waldbesitzer. Investiert statt in Beton, Öl und Chemie in die Natur als effektivste und ökologische Kapitalanlage. Es klingt zu schön, um wahr zu sein.
Das Münchner Start-up Econos hat für rund 1,5 Millionen Euro einen 107 Hektar großen Wald in Sachsen-Anhalt gekauft und binnen weniger als sechs Monate wieder verkauft. Rendite laut Econos: 15 Prozent. Doch solche Investments in Bäume seien hochriskant, wie Lotto spielen, warnt zum Beispiel Stiftung Warentest. Ein Waldinvestment bedeute ein hohes Risiko bei wenig Rendite. „Es ist so, als wenn man an der Bushaltestelle steht und einem wildfremden Menschen Geld leihen würde“, warnt Renate Daum, Finanztesterin von Stiftung Warentest laut Süddeutscher Zeitung.
Hinzu kommt: Brandgefahr, Borkenkäfer und Stürme sind reale Gefahren. Zudem braucht ein gesunder Wald Jahrzehnte, bis „geerntet“ werden kann. Aber dennoch muss die Gesellschaft neue Wege gehen. Ein Weiter so, geht nicht mehr. Bäume sind die beste Klimaanlage der Welt. Sie verbrauchen keine teure Energie und regulieren das Klima. Ein gesunder Baum entwickelt eine zehnmal höhere Kühlleistung als jede Klimaanlage. Unzählige Studien belegen, dass es sich im Schatten eines Baumes 10 bis 15 Grad kühler anfühlt. Warum also nicht das Naheliegende wagen? Bäume als Klima- und als Kapitalanlage fördern. Denn: Natur braucht Geld. Aber auch umgekehrt wird ein Schuh draus: Geld braucht Natur. Ohne intakte Natur ist alles Geld nichts wert.
Wer mehr über seriöse Klimafinanzprojekte weiß oder bereits Erfahrungen mit Waldinvestments gesammelt hat, bitte melden. Ich bin für jeden Hinweis dankbar.