Leni Riefenstahl. "Triumph des Willens", 1934.

Leni forever?

Sie war Hitlers Lieblingsregisseurin. Und seine beste Frau für filmische Propaganda. Leni Riefenstahl. Wie keine andere perfektionierte die ehrgeizige Filmemacherin Ästhetik, Macht und Verführbarkeit des Faschismus. Leni Riefenstahl zählt zu den bekanntesten und umstrittensten Frauen des 20. Jahrhunderts. An diesen großen Mythos hat sich Andres Veiel gewagt. Er nähert sich der Berlinerin aus dem Weddinger Arbeitermilieu, die mit „Triumph des Willens“ und „Olympia“ Bilder schuf, die bis heute wirken. Veiel ist ein beharrlicher Dokumentarfilmer, der sich akribisch mit sperrigen Tabu-Themen auseinandersetzt. Erinnert sei an Der Kick, Black Box BRD oder Beuys.  Auf den diesjährigen Filmfestspielen in Venedig feiert Veiels neuer Dokumentarfilm „Leni Riefenstahl“ Premiere. Es ist sein Versuch, ihre Magie der (Selbst-)Inszenierung und ihren unbedingten Willen zu Macht und Ruhm zu hinterfragen und zu entzaubern. Ein Tanz auf dem Drahtseil.

 

 

Veiels Produktionsfirma Vincent erklärt in der Ankündigung, dass sich die Reizfigur Riefenstahl mit ihren Bildern aus „Triumph des Willens“ selbst beschreibt: „Ihre strikte Leugnung, die Wechselwirkung ihrer Kunst mit dem Terror des Regimes nach dem Krieg anzuerkennen, ist mehr als nur eine abgewehrte Schuld: In persönlichen Dokumenten trauert sie ihren „gemordeten Idealen“ nach.“ Riefenstahl – eine ungebrochene NS-Narzisstin bis ins Grab?

Veiels Produzentin – die Fernsehjournalistin und Talkmasterin Sandra Maischberger – konnte 2002 die damals fast hundertjährige Riefenstahl kurz vor ihrem Tod interviewen. „Ich hatte das Gefühl nichts zu erfahren. Zwischendurch dachte ich, sie lügt. Nicht, dass sie mich explizit angelogen hätte, eher hatte sie sich vermutlich schon so lange selbst belogen, dass sie nun ihrer eigenen Wahrheit glaubte“, sagt Maischberger in einem Interview der Zeit.

 

Ästhetin, Manipulatorin oder Lügnerin? Andres Veiel nähert sich dem Mythos um die Filmemacherin Leni Riefenstahl. (1902-2003)

 

Maischbergers Begegnung mit Riefenstahl blieb unbefriedigend, quasi unvollendet. „Tante Leni“ sperrte sich, wiederholte beharrlich ihre Version von einer unpolitischen Filmemacherin, die von den NS-Verbrechen erst nach Kriegsende erfahren habe. Seit 2016 unterstützte Maischberger ein Mammutprojekt. Der 700 Kisten-Riefenstahl-Nachlass wurde von einem Team gemeinsam mit der Stiftung Preußischer Kulturbesitz erschlossen. Aus dieser einmaligen Datenfülle – Kalendereinträge, Briefe, Entwürfe, Filmreste, aber auch von Riefenstahl selbst heimlich mitgeschnittene Telefonate – schöpft Andres Veiels Film: „Riefenstahl“.

Wer ist nun Helene Bertha Amalie „Leni“ Riefenstahl? Visionärin, Manipulatorin oder Lügnerin? Wie aktuell ist diese Frau? Für Sandra Maischberger keine Frage: Riefenstahl wäre heute der perfekte Instagram-Star, betont sie. Verführbarkeit sei kein Privileg der Ewiggestrigen, meint Andres Veiel: Warum fallen Menschen immer wieder auf gut gemachte Lügen herein, fragt der Regisseur, „so sehr, dass sie von Wahrheit und Fakten nicht mehr zu überzeugen seien. Das ist das Gegenwärtige von einer Figur, die vor hundert Jahren angefangen hat zu wirken.“ Das Ergebnis seiner dreijährigen Riefenstahl-Recherche kommt Ende Oktober in die deutschen Kinos.

 

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