Navel erzählt gerne Witze

Der kleine Freund hat zwei große Knopfaugen wie Charlie Brown. Er ist genau 72 cm groß, hat zwei Arme, steht auf Rollen und trägt eine lustige, blaue Zipfelmütze. Sein Name ist Navel, auf Deutsch: Nabel. Navel kann eine Menge: Blickkontakt aufnehmen, mit kindlicher Stimme Witze erzählen. Beispiel: „Treffen sich zwei Roboter. Fragt der eine: Ist bei Dir ne Schraube locker?“ Navel hat Ausdauer, solange der Akku hält: maximal sechs Stunden. Das Beste: Navel ist geduldiger als jede menschliche Pflegekraft. Die sind sowieso Mangelware. Der kleine Kamerad kostet 28.000 Euro. Die Leasinggebühr beträgt derzeit 970,- Euro/Monat. Navel ist ein Sozialer Roboter.

Das Gerät wurde vom Münchner Start-up Navel Robotic entwickelt. Der Roboter läuft auf GPT-40 mini-Basis: ein KI-Modell des US-Konzerns OpenAI über die Cloud von Microsoft. GPT-Text wird in Sprache umgewandelt. Chefentwickler Claude Toussaint: „Jetzt sollen die Maschinen von Menschen lernen“. Nicht wie bisher umgekehrt. Navels Aufgabe: Mit Menschen reden und zuhören, Witze erzählen oder Quizfragen stellen. Für jeden Gesprächspartner legt Navel eine Datei an: Hobbys, Wünsche, Sorgen. Im Prinzip agieren KE-Roboter (= Künstliche Empathie-Roboter) wie Schauspieler. Sie speichern Texte ab, sprechen Dialoge und spielen Gefühle vor. Auf Wunsch, gegen Bezahlung. Upgrade inklusive.

 

 

Der Pflegeroboter aus dem 3-D-Drucker ist derzeit in verschiedenen Pflege- und Seniorenheimen im Testlauf. Eine Art Alexa für ältere Semester, ein Babysitter für Babyboomer. Gesellschaft leisten, plaudern, für gute Stimmung sorgen. Der Kommunikationsroboter als ideale Antwort auf den Pflegenotstand. Navel kann auch ein Heilmittel gegen Einsamkeit werden. Updates auf andere Personengruppen sind jederzeit möglich. Was Navel (noch) nicht kann: Er geht nicht eigenständig auf Patienten zu. Der Roboter hat mitunter Probleme mit der Gesichtserkennung oder fängt zu fantasieren an. Fehlt es etwa doch an sozialer Intelligenz? Das heißt die Fähigkeit, aufmerksam wahrzunehmen und in „Beziehungen klug und einfühlsam zu handeln“.

Wir alle wissen: Soziale Pflegearbeit ist Schwerstarbeit. Häufig 24 Stunden am Tag. Derzeit gibt es 5.6 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland. Täglich werden es mehr. In wenigen Jahren sollen es über zehn Millionen sein. Laut Pflegerat werden 2034 eine halbe Million Fachkräfte fehlen. Derzeit sind 115.000 Stellen unbesetzt. Das Problem liegt auf der Hand. Wenn ein Super-Gau in Pflege- und Seniorenheimen ausbleiben soll, müssen Navels bald zum Einsatz kommen. Wenn Menschen einsam sind. Oder wenn sie nicht miteinander klarkommen. Oder einfach niemand Zeit hat.

 

 

Das Geschäftsmodell der Zukunft:  der Empathie-Roboter mit Ersatzakku und Upgrade. Um zu verhindern, dass die kleinen künstlichen Navels Unsinn anrichten, bedarf es eines Mindestmaßes an ethischen Standards. Verantwortungsvolles Programmieren wird zur Gretchenfrage. Sonst kann aus dem kleinen Freund und Helfer Navel ein großer Tyrann im Pflegestationen werden, der mehr als schlechte Witze erzählt.

 

Empathische Roboter auf der großen Leinwand. „Ich bin Dein Mensch“

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