Ewige Jugend
Was ist, wenn der tägliche Tropfen zum Höhepunkt wird? Nicht der gute Tropfen, den man trinkt sondern der quälende den man lässt? Was, wenn man nicht mehr weiß, ob mit der großen Jugendliebe mehr als Händchenhalten war? Ach, wie hieß sie noch einmal? Zwei alte Freunde hängen ihren Erinnerungen nach. Ewige Jugend heißt ein stiller, melancholischer Film, der die letzten großen Sehnsuchts-Fragen aufwirft.
Zwei alte Knaben, gespielt von Michael Caine und Harvey Keitel stecken in einem biederen Schweizer Berghotel fest. Der Zauberberg lässt grüßen. Ein goldener Käfig voller Narren und skurriler Gäste. Über Geld reden die Insassen nicht, das hat man einfach und gibt es im Luxusresort gleich wieder aus. Massagen, Geigenstunden und Kletterübungen bestimmen den Tagesablauf. Das abendliche Dinner im Speisesaal wird schweigend eingenommen während sich Tischnachbarn gegenseitig belauern.
Die modernen Zauberberg-Bewohner eint der Wunsch nach Erfüllung ihrer Sehnsüchte. Im Mittelpunkt stehen zwei alte Freunde: Ein Dirigent im Ruhestand und ein Drehbuchautor, der nicht loslassen kann. Sie reden über Lust, Liebe und die Kunst des Wasserlassens. Das kann nicht lange gut gehen, zumal Jane Fonda als ewige Diva ihren großen Auftritt hinlegt und alles in Bewegung bringt.
Regisseur Paolo Sorrentino hält wieder einmal dem Bildungsbürgertum den Spiegel vor. In berührend schönen wie verstörenden Bildern erweckt er eine Welt, die zeitlos morbide und faszinierend zugleich ist. So gelingt ihm eine Tragikomödie zum Gruseln – es ist das Gruseln über die eigene spießige Begrenztheit. Ewige Jugend hat gerade den Europäischen Filmpreis 2015 gewonnen. Gut so. Denn Sorrentinos Geschichte ist ein bitterböser Abgesang auf das alte Europa. Traumhaft schön inszeniert! Trotz Überlänge keine Minute zu lang.