Der Menschenfreund
Es war eine Freude ihn zu treffen. Mit ihm zu arbeiten, zu reden und zu streiten. Roger Willemsen hatte stets etwas Ansteckendes, Öffnendes und Befreiendes. Selbst wenn man seine Meinung nicht immer teilen mochte, seine Fragen, Ideen und Gedanken ließen einen nicht mehr los. „Man muss dorthin gehen, wo es wehtut“, war sein Credo. Nun hat ihn der Krebs im Alter von sechzig Jahren besiegt. Nicht aber seine Haltung. Roger Willemsen hinterlässt eine Lücke. Es ist eine große Lücke.
Willemsens Welt. Unerschöpflich interessierte er sich für alles, was das Leben zu bieten hatte. Afghanische Kinder, Bundestagsabgeordnete, Helden, Selbstmörder, Lügner, Blender und immer wieder und bevorzugt Außenseiter aller Schattierungen. Als er sich in einem seiner über dreißig Bücher plötzlich auf Vögel, Lurchen und Insekten stürzte, schüttelte nicht nur ich verwundert den Kopf. Roger Willemsen fand den Populärwissenschaftler Alfred Edmund Brehm faszinierend. Besser bekannt durch sein Standardwerk Brehms Tierleben.
Warum? Roger Willemsen lächelte. Eine echte Bildungslücke! Nun, Brehm trat an gegen „Pfaffentum und Weltweisheit, gegen Schreibtischgelehrte in ihrer hohen und hohlen Weisheit.“ Er mischt „Empathie mit Empirie, er leuchtet historische Quellen aus, sammelt Beobachtungen und leuchtet kulturelle Zusammenhänge aus“. Präziser hätte sich der Menschenforscher Willemsen nicht selbst beschreiben können.
Das Leben zeigt einmal mehr, dass es keinen Artenschutz gibt. Auch nicht für Menschen wie Roger Willemsen. Für Suchende wie ihn mit wachem Verstand, ungebremster Leidenschaft und klarer Haltung. In einem seiner letzten Interviews vom vergangenen Sommer sagte der Publizist es gehe für ihn darum „die gegebene Frist sinnvoll zu nutzen und nicht nur Spaß zu haben.“ Das sei der Sinn des Lebens. In dieser Frage hat Roger Willemsen Wort gehalten. Das ist, was bleibt. Ein tröstlicher Gedanke.