Du schaffst das

Traumberuf Schauspieler. Vor dem großen Auftritt stehen die kleinen, fiesen, lästigen Aufnahmeprüfungen. Garantiert sind schlaflose Nächte, weiche Knie, feuchte Hände und Lampenfieber bis zum Anschlag. Wenn es beim Vorspiel vor einer Kommission um alles oder nichts geht. „Hingerissen das Leben spielen, nicht an Beifall denkend“, hat Rainer Maria Rilke einmal dahinfabuliert. Doch vor der strengen Jury zählt nur eines: der Beste sein, Beifall erhalten und angenommen werden. Ein Lotteriespiel, wenn auf zehn freie Plätze 687 Bewerber kommen.

Die Prüfung. Diese bemerkenswerte Langzeitbeobachtung von Till Harms hat übliche Wege verlassen und die Optik neu justiert. Nicht die aufgeregten Prüflinge stehen im Mittelpunkt wie bei Andres Veiels „Die Spielwütigen“. Der neue Doku-Film beobachtet den spannungsgeladenen Prozess aus der Perspektive einer Auswahljury. Drei Jahre lang hat der Filmemacher Prüfer und Dozenten an der Staatlichen Schauspielschule in Hamburg beobachtet und begleitet. Herausgekommen ist eine Nahaufnahme, die überrascht und berührt.

 

 

Die neun Prüfer präsentieren sich weder als Halbgötter noch in Dieter Bohlen-Manier. Die ambitionierten Kandidaten werden nicht abgewatscht, vorgeführt oder gedemütigt. Von Eitelkeit und Zynismus keine Spur. Im Gegenteil: Leidenschaftlich und bis zur Erschöpfung ringen die Jurymitglieder um ihre Auswahl der „richtigen“ und talentiertesten Kandidaten. In manchen Szenen wirken die mächtigen Prüfer fast ratlos und verunsichert. Ihre internen Debatten sind voller Spannung, Dramatik und manchmal auch unfreiwilliger Komik.

220 Stunden Material hat Regisseur Harms in Hannover eingefangen. Die knapp einhundert Minuten der Kinofassung zeigen: Unter den Schauspielaspiranten überzeugen Frauen weitaus mehr als ihre männliche Mitbewerber. Auch wenn in der Jury eher die alten Knaben den Ton angeben. Am Ende des Prüfungsmarathons aber sind alle zermashed. Ausgebrannt, aber glücklich. Die ausgewählten Schauspielprüflinge wie die erschöpften Prüfer. Der Zuschauer darf sich freuen. Er weiß nun, wie es hinter den Kulissen aussieht, wenn die Türen zur Auswahlkommission verschlossen werden. Aber Hand aufs Herz: Wollen wir das wirklich alles wissen?

 

Die Prüfung von Till Harms. Ab dem 19. Mai in den Kinos.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.