Alles nur Theater
An der blauen Donau. Die Chefin ist eine stattliche Frau. Mit strengem Dutt, einer stattlichen Tracht auf dem Leib und glühender Leidenschaft für ihr Haus. Christine Geierhofer, irgendwo in den Siebzigern, ist Hausherrin am Stadttheater Grein an der Donau. Grein? – Nie gehört! – Ein Fehler. Denn dieser kleine Ort in Österreich erzählt eine große Geschichte: Von der Bühne des Lebens. Seit 1791, seit Napoleons Zeiten, spielen sie im winzigen Donaustädtchen ums Leben gern Theater.
Christine Geierhofer erklärt, lächelt, schwärmt. Einmal die Woche führt sie Besucher aus aller Welt durch ihr Haus. Es wird zu einem echten Schlüsselloch-Blick hinter die Kulissen. Der Rundgang beginnt im Kerker. Die Zelle hat eine Besonderheit. Ein winziges Loch in der Wand ermöglichte den Deliquenten freien Zugang zur Kultur. Neben der Zelle führt eine Stiege zum Saal. Platz für 160 Besucher. Mit Sperrsitzen im Originalzustand. An der Wand ein Schlüsselbrett. Der Abonnent konnte mit dem passenden Schlüssel seinen Stammplatz aufschließen. Und nach Verlassen wieder sperren.
„Sperrsitze gibt es im Original nur noch bei uns“ betont die Prinzipalin. „Das ist weltweit einmalig. Genau wie das stille Örtchen im Theatersaal.“ Tatsächlich befindet sich nach wie vor ein Locus Vivendi mit Vorhang im Greiner Rokoko-Theater. Wer musste, konnte bei Lachern, rasch den Vorhang lüften und verfolgen, was auf der Bühne gerade geschah. „Herrlich. Das passt doch“, freut sich Christine Geierhofer. Ihr Dutt wackelt im Rhythmus ihres Lachens.
Das Repertoire? Gespielt wird alles, was ein Publikum findet. Leichte Kost, Operette, Volksstücke. „Sogar die Wiener kommen zu uns“. Aber auch Brechts „Dreigroschenoper“ oder Dürrenmatts „Biedermann und Brandstifter“ stehen auf dem Spielplan. Das Ensemble von der Greiner Dilettantengesellschaft – so heißen sie wirklich –ist mit Feuereifer dabei. Seit unzähligen Generationen. Für 16 Euro auf allen Plätzen. „Das reicht gerade so. Mit Theater wird man nicht reich“, ergänzt die unerschrockene Theaterintendantin. Das Publikum sei heutzutage leider launisch und verwöhnt. „Ach, das Internet!“
Ab 4. November 2017 gibt es noch „Die Weberischen“. Eine musikalische Komödie über Mozarts Gattin. Anfang Dezember wird dann das traditionsreiche Haus, früher einmal ein Getreidespeicher, zugesperrt. Für drei Monate. „Wegen Denkmalschutz“. Im Winter wären Heizkosten und Brandgefahr einfach zu hoch. Im März heißt es im 226 Jahre alten Stadttheater wieder: Vorhang auf! Wir spielen – wie es euch gefällt.