„Krieg in meinem Kopf“

Beth Hart gibt Konzerte ohne Handbremse. Ohne Playback. Ohne Schnickschnack. Sie geht bis an ihre Schmerzgrenze und manchmal weit darüber hinaus. Herz und Seele trägt sie offen auf der Zunge. Ihre Stimme ist voller Gefühl und Gebrochenheit, gereicht Janis Joplin oder Tina Turner zur Ehre. In die Logik der Unterhaltungsbranche mit ihren gecasteten Sternchen und Hochglanzprodukten passt sie eigentlich nicht rein: die US-Sängerin Beth Hart. Sie geht einen anderen Weg. Sie will ehrlich bleiben – zu sich und ihrem Publikum. Auf der Bühne ackert, rackert und sie bis zum Umfallen. Immer am Limit. Beth ist die weibliche Antwort auf Joe Cocker. Blues vom Feinsten. Mit einer Röhre zum Niederknien.

Beth hat ihr neuestes Album „War In My Mind“ genannt. Krieg in meinem Kopf. Es ist eine Begegnung mit ihren Dämonen, mit wunderbaren Höhepunkten und schmerzhaften Niederlagen. Auf und hinter der Bühne. Eine Frau, die alles gibt aber genauso schnell wieder verliert. Für sie gilt der alte Spruch vom Himmelhochjauchzend zu Tode betrübt. Beth: „Mein innerer Heilungsprozess hat sehr lange gedauert, doch inzwischen fühle ich mich mit meiner dunklen Seite, meiner Verrücktheit und den Dingen, für die ich mich so lange schämte, sehr wohl.“

 

 

Beth kam 1972 in Los Angeles zur Welt. Bereits mit vier Jahren lernte sie Klavier spielen. Doch statt Vorstadt-High-School-Karriere schwänzte sie lieber die Schule und folgte ihrem eigenen Weg. Blues, Rock and Rock´n Roll. Der Absturz folgte auf dem Fuß. Too much Alkohol, Sex und Drogen. Von allem zu viel. Sie ist 24 als sie ihr Debütalbum „Immortal“ vorlegt. Beth ist 27 Jahre, genauso alt wurde Janis Joplin, als sie in ihrem zweiten Album „Screamin‘ For My Supper“ (1999) ihr Drogen- und Alkoholproblem offen legt. Der abgefahrene „LA-Song“ wird zum Kult-Song der alternativen Szene .

 

 

2011 veröffentlicht sie das erste Album gemeinsam mit Gitarren-Größe Joe Bonamassa. Ihr Durchbruch. Nun folgt nahezu jedes Jahr ein Album, zuletzt 2019 War in my mind. Sie jammt mit Jeff Beck oder anderen Blues- und Rockgrößen. Es sind Live-Konzerte, die unter die Haut gehen, weil Beth bis zur völligen Erschöpfung geht. Sie covert mit Whole Lotta Love einen Klassiker von Led Zeppelin oder Nutbush City Limit von Tina Turner. Sie veredelt Blues-Songs wie I`d rather go blind oder Caught out in the rain (2012). In ihrem jüngsten Album Krieg in meinem Kopf fällt auf: Immer wieder dankt sie ihrer Mutter, ihrem Mann, ihrer Band und ihrem Manager. Ohne sie hätte sie den völligen Absturz nicht überlebt.

 

 

Musik ist ihr Leben. Eine beliebte Plattidüde. Doch das Verrückte ist, bei ihr trifft diese abgedroschene Wendung exakt ins Schwarze. Sie lebt ihre Songs. Vor allem live auf der Bühne. Sie lässt ihre Kerzen an beiden Ende brennen getreu dem alten Motto: Gute Mädchen kommen in den Himmel. Böse überall hin.

 

 

Beth Hart ist im kommenden Sommer und Herbst im Rahmen ihrer Welt-Tournee auch in Deutschland zu sehen und vor allem zu hören. Unter anderem am 31. Juli 2020 in Leipzig und am 2. November 2020 im Berliner Tempodrom . Hingehen. Es lohnt sich.

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