Petra Kelly. 1947-1992. Quelle: Bildersturm Filmproduktion

Petras Traum

Sie war gerade einmal 44 Jahre alt, als sie im Oktober 1992 mit einem Kopfschuss in einem Bonner Reihenhaus aufgefunden wurde. Petra Kelly. Friedenskämpferin. Frauenrechtlerin. Frontfrau im internationalen Kampf für Menschenrechte. Die Kugel stammte aus der Pistole ihres Partners und Beschützers Gerd Bastian. Ein Ex-General, der sich unmittelbar danach selbst das Leben nahm. Das tragische Ende konnte bis heute nicht restlos und zweifelsfrei geklärt werden. Doch auch der neue bewegende Dokumentarfilm „Act Now“ von Doris Metz lässt nur einen Schluss zu. Es war Mord, kein verzweifelter Doppelselbstmord. So hatte Alice Schwarzer bereits 1993 ihre Recherchen im Buch „Eine tödliche Liebe“ auf den Punkt gebracht.

 

 

Das kurze Leben der Petra Kelly. Es war leidenschaftlich, intensiv, kompromisslos und stets am Limit. Bei ihr hätte jeder Tag 48 Stunden haben müssen, so eilte sie in Zeiten des Kalten Krieges von einem Konflikt zum nächsten. Weltweit. Sie unterstützte Indigene in den USA, solidarisierte sich mit Anti-Apartheid-Kämpfern in Südafrika oder Dissidenten in der DDR. Sie wollte Politik komplett neu denken. Kellys Traum: Menschen nehmen ihr Schicksal selbst in die Hand. „Auf der Straße verändert sich mehr als im Parlament. Diese Veränderungen auf der Straße sind wichtiger als die im Parlament“, sagte sie 1985 auf einer Studentenkonferenz in den Räumen der Vereinten Nationen in New York. Kelly, so zeigt der Film, forderte früh die „Verbindung von Feminismus und Gewaltlosigkeit“.

Starke Momente in der Doku von Doris Metz sind Passagen, die Petra Kelly persönlich und nahbar zeigen. Der Einfluss der geliebten Großmutter, die ihr resolut und in weißer Strickjacke im Alltag zur Seite steht. Sie sei von Trümmerfrauen erzogen worden, sagt Kelly. „Meine Omi hat mich eine gehörige Portion Ungehorsam gegen Kirche und Männerbünde gelehrt, weil sie unheimlich aggressiv dagegen aufgetreten ist“.  Mit diesem Selbstbewusstsein stürmte die gebürtige Günzburgerin Männer- und Machtbastionen. Petra Kelly war eine Ausnahmefrau. Eine, die mit jedem Atemzug Veränderung wollte. Und eine, die ihrer Zeit weit voraus war.

 

Premiere von Act Now in Berlin. Regisseurin Doris Metz (rechts im Bild)

 

Als Kelly Mitte der achtziger Jahre für die Grünen im Bundestag saß, lernte ich sie in Bonn persönlich kennen. Sie ging stets einen Schritt weiter als andere. Dadurch eckte sie rasch an. Sie war wie eine Kerze, die an beiden Enden brannte. Sie sprach schnell und doch präzise und inhaltsstark. Eine Welt ohne Waffen sei möglich, betonte sie immer wieder. Die Ausnahmefrau folgte ihren Vorbildern Martin Luther King und Robert Kennedy. Kelly gehörte zum Wahlkampfteam des jüngeren Bruders von US-Präsident John F. Kennedy. Alle drei, die Kennedy-Brüder und der schwarze Pastor, wurden ermordet. Das konnte Petra Kelly, die Pionierin der Friedens-, Frauen- und Menschenrechtsbewegung nicht aufhalten. Der Film „Act Now“ ist verstörend aktuell. Er holt mit der weithin vergessenen Petra Kelly eine Frau aus dem Gestern ins Heute. Ein Film, der nicht nur deshalb sehenswert ist.

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