„Kommt zur Vernunft“
Viele Deutsche träumen von einem, der durchgreift. Der sagt, was Sache ist. Der handelt und regiert, statt zu diskutieren oder abzutauchen. Es ist der Wunsch nach einem aufgeklärten Herrscher. Es muss ja nicht unbedingt der Putin sein, heißt es, eher so einer wie der „alte Fritz“. Dieser König – Friedrich II von Preußen auch „Friedrich der Große“ genannt – erlebt eine Renaissance. Er war ein typischer Barockherrscher, sozial und rücksichtslos, bescheiden und luxusliebend, bemüht um gute Herrschaft, aber leichtfertig mit den Menschen. Er verfasste fünfzigtausend Gedichte in französischer Sprache. Deutsch war für ihn die Sprache der Pferdekutscher.
Aber wer war der Große? Sein Trauma: die frühe Zwangsheirat mit Elisabeth Christine, ausgelöst durch Vater Friedrich Wilhelm I, der ihn unbedingt loswerden wollte. Friedrich war gottlos, ein Atheist. Er kämpfte selbst auf dem Schlachtfeld, das machte ihm kein anderer Fürst oder König nach. Er ging gegen Mitternacht zu Bett und stand um drei Uhr früh auf. Er war ein Pedant und Prinzipienreiter. Delegieren konnte er nicht, denn „ohne mich geht nichts“. Er war akribischer als die Stasi. Er wollte alles wissen.
Der Alte ruhte in seinem Volk, konnte unbewacht schlafen. Die Türen im Schloss waren stets offen. Das Volk hat ihn geliebt. Im idyllischen Rheinsberg verbrachte er seine schönsten Jahre. Dort liebte er märkische Abgeschiedenheit, Ruhe und Natur. Friedrich schrieb hier seinen Anti-Macchiavelli, ganz im Sinne eines Romantikers und Träumers. Auf dem Thron hingegen entwickelte er sich zum knallharten Strategen und Machtpolitiker.
Seine ersten Amtshandlungen als König 1740: Verbot der Zensur. Verbot des „Fuchtelns“, das heißt kein Prügelrecht für Offiziere gegenüber Rekruten. Verbot der Zwangsheirat. Da er selbst von seinem Vater so gedemütigt worden war, machte er sein persönliches Schicksal zur Richtschnur für die neue Rechtsprechung. Über alles setzte er den preußischen Gerechtigkeitssinn. Oder was er dafür hielt. Fritz predigte Toleranz. „Jeder nach seiner Fasson.“ Und der Alte hatte noch eine glasklare Botschaft: „Wenn die Vernunft ihre Stimme gegen den Fanatismus erhebt, dann kann sie die künftigen Generationen vielleicht toleranter machen.“