Vogel flieg
Wer ist der größte Feind einer guten Idee? Der eigene Kopf. Die eigene Mutlosigkeit. Und: Das Weiter-so-bloß-nichts-ändern-Denken. Jeder kennt das. In großen Unternehmen hat es der kleine Freigeist besonders schwer. Er trifft allzu schnell auf den Typus des Feldwebels. Dieser vertritt Dienstweg, Vorschriften und die Kraft der Vorgesetzten. Denken ohne Geländer? Geht gar nicht. So werden die besten Ideen zielsicher zur Strecke gebracht. Gebügelt, geplättet, notfalls bis zur Unkenntlichkeit zusammengestrichen. Der Illustrator Christoph Niemann kennt diesen Kreislauf der Kreativen zur Genüge.
Aus einem kleinen Fabelwesen, das so gerne das Fliegen lernen will, kann schnell ein bunter, prächtiger Paradiesvogel werden. Die Fantasie nimmt ihren Lauf. Ungehemmt, wild und herrlich geheimnisvoll verschlungen.
Schon wetzen die Bedenkenträger ihre Messer. So nicht! Lautet ihr Urteil. Zurückgeschnitten wird der Vogel, so einer kann doch nicht fliegen. Untauglich, riskant, das will doch keiner sehen.
So wird der kleine Ideenvogel zurechtgestutzt, bis er gerupft und federleicht das Weite sucht. Eine einfache aber geniale Idee wird zu Grabe getragen. Da kann ja jeder kommen! Herzblut, Schweiß und Tränen sind umsonst vergossen worden.
Zurück an den Schreibtisch. Ein guter Künstler kann Experimentieren ohne Rücksicht auf Verluste, sagt Christoph Niemann. Seine Lösung: Üben, üben und nochmals üben. Denn: „Schreiben, zeichnen, designen – darin ist man nicht einfach gut. Darin wird man gut.“
Mehr über den fantasievollen Überflieger und Illustrator Christoph Niemann, der erst in New York und nun in Berlin lebt und der stets zwei unterschiedliche Dinge auf verblüffende Weise neu zusammenbringt, in seinem gerade erschienenen Buch Sunday Sketching bei Knesebeck.