Kunst. Kommerz. Retter der Welt

Kunst entsteht im Kopf des Betrachters. Wahre, schöne Kunst gehört genau genommen allen. Sie schmückt die Menschheit, erzählt von ihrer Kraft, Kreativität und Leidenschaft. Ein Kulturgut. Doch gute Kunst ist knapp geworden. Nicht nur Immobilien schießen durch die Decke. Bilder sind längst das neue „Wandgold“ der Reichen und Vermögenden. 450,3 Millionen Dollar kostete vor kurzem das Ölbild Salvator Mundi, Retter der Welt. Eine Machtdemonstration. Schaut her, wem die Welt gehört.

Der unbekannte Investor aus der Golfregion ersteigerte das Bild für den neuen Louvre-Ableger in Abu Dhabi. Vor sechzig Jahren war der Salvator exakt für 45 Pfund zu haben, das sind 51 Euro. Das reicht in den angesagten Restaurants der Welt gerade noch für die Vorspeise. Dabei ist weiter ungeklärt, ob das Werk tatsächlich ein echter Leonardo da Vinci ist. Es gibt genügend Experten, die den Retter der Welt seinem Schüler Giovanni Antonio Boltraffio zuordnen. Wiederum andere sprechen gar von einer Fälschung.

 

Hier der ganze Salvator Mundi. 66 auf 44 cm. Öl auf Holz. Bis heute ist nicht zweifelfrei geklärt, ob der Maler wirklich Leonardo da Vinci ist. Das Werk aus der Zeit um 1500 wird ihm zugeschrieben.

 

Egal. Die Kunst-Society ist von der Echtheit überzeugt. Das genügt. Kunst als Wertanlage, als Prestige- und Spekulationsobjekt. Die Folge: Das Angebot an Klassikern ist ähnlich wie bei Luxusapartments in London, Paris oder Berlin knapp geworden. Da steigen die „Fantasien“ der Anleger ins Unermessliche. Der internationale Kunstmarkt läuft heiß. Das Suchtpotential scheint unbegrenzt zu sein. Auktionator Simon de Pury kommentierte trocken: „Kunst sammeln ist die schönste Krankheit der Welt.“

Beim großen Kunst-Shopping liefern sich reiche Öl-Scheichs, US-Investmentbanker und chinesische Aufsteigerkonzerne ein Wettrennen vor allem um bekannte Klassiker der Vor- und Nachkriegsmoderne.

 

Edvard Munch. Der Schrei.

 

Edvard Munchs malte 1892 seinen weltberühmten „Schrei“ in verschiedenen Varianten mit Öl, Tempera und Pastell auf Pappe. Das Werk wurde vor zwanzig Jahren mehrfach gestohlen. In jüngster Zeit erwarb ein amerikanischer Finanzmanager den Schrei für 120 Millionen Dollar.

Paul Cezannes schuf den „Kartenspieler“ zwischen 1892 und 1896. Das Werk von dem gleichfalls mehrere Varianten existieren, gilt als Ikone der klassischen Moderne. Die Herrscherfamilie von Katar hat das Gemälde für 250 Millionen Dollar erworben.

 

Paul Cezanne. Die Kartenspieler.

 

Pablo Picassos „Les femmes d´Algier“ erzielte 2015 einen Verkaufswert von 180 Millionen Dollar. Der „Liegende Akt“ des Italiener Modigliani wechselte im gleichen Jahr für 170 Millionen Dollar den Sammler. Die Liste ließe sich beliebig verlängern.

 

Pablo Picasso. Led Femmes d`Algier.

 

Kunst macht satt. Ein schöner Traum. Besonders für diejenigen, die Kunst herstellen – die Künstler. Einige profitieren vom Boom. Die allermeisten knabbern am Existenzminimum. In Berlin halten sich derzeit rund siebenhundert Galerien. Dazu geschätzt gut 30.000 Künstler. Die große Mehrheit muss sich mit zwanzigtausend Euro im Jahr bescheiden. Das abgelutschte Bild vom „Über-Lebens-Künstler“ ist kein Klischee. Nur mag kaum jemand darüber offen reden.

Eine Zahl wenigstens ist offiziell: Die Berlin Biennale im Sommer 2018 kann exakt drei Millionen Steuermittel ausgeben, um die sich viele hundert Künstler bewerben. Das Motto der Messe der modernen Kunst: „We don´t need another hero“.

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