Haus am See

„Und der Mond scheint hell auf mein Haus am See. Orangenbaumblätter liegen auf dem Weg.“ Peter Fox von Seed besingt diesen Traum. Ein Haus am Ende der Welt, wo man gerne ist und gerne bleibt. Es gibt diesen Traumort wirklich – die Villa del Balbianello. Am Comer See in Italien. Hier residiert die Mutter aller Traumhäuser. Mit verspielter Villa, Park, See und hochaufragenden Bergen. Für zwanzig Euro zu entdecken. Mit Führung, Sehnsuchtsseufzern und der Erkenntnis, dass hier James Bond und Star Wars ihre standesgemäße Kulisse gefunden haben.

 

 

Hausherr war zuletzt Guido Monzino. Ein Mailänder Unternehmersohn. Vom Glück verfolgt. Er musste nichts tun – außer das Geld seines Vaters auszugeben. Papa Franco hatte mit einer Kaufhauskette ein Vermögen gemacht. Guido machte also das, was in der Welt der Reichen und Besitzenden getan wird. Er zog sich zurück, ging auf Entdeckungsreisen und sammelte, was ihm unterwegs an Wertvollem in die Finger kam. Die Villa Balbianello wurde sein Adlerhorst. 1974 konnte er das Anwesen kaufen. Er ließ es mit allen zeitgemäßen Annehmlichkeiten versehen. Ein Fahrstuhl musste her, zur Bequemlichkeit. Geheime unterirdische Fluchtwege, wegen der Roten Brigaden. Ein Bücherregal, getarnt als Bar, um Gäste zu unterhalten.

 

Ein Muss für Guido. Die hauseigene Bar. Getarnt als Bücherwand.

 

Guido Monzino, ein Name wie eine Italienische Oper, eroberte von seinem Horst am Comer See die weite Welt. Expeditionen führten ihn nach Afrika, Südamerika, zum Nordpol und auf den Mount Everest. Dort blieb er nur im Basislager aber seine Botschaften an das Gipfel-Team kamen „in grüner Tinte wie Schlachtbefehle“. Die klimatisierte Villa ist voll mit edlem britischen und französischen Mobiliar aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Unter dem Dach ein weiterer Höhepunkt: ein eigener Museums-Saal. Dort erzählen Fahnen, Fotos und allerlei Fundstücke von Guidos Abenteuern.

 

Guidos Schreibtisch im privilegierten Stil des Mailänder Unternehmers. Rechts der Hausherr im Porträt.

 

Auf seinem Schreibtisch steht ein gerahmtes Bild, das ihn als sonnenbebrillten Master of the Universe zeigt. In jedem Mafiafilm könnte er den Paten geben. Damit sein Blick ungestört auf das herrliche Alpenpanorama schweifen konnte, ließ er eine jahrhundertealte Stileiche vor dem Fenster zurechtstutzen – in Form eines Regenschirms. So schön Villa und Garten sich präsentieren, so verwöhnt und verzogen muss Guido wohl gewesen sein. In der offiziellen Broschüre heißt es diskret, Monzino habe sein Leben „als brillanter und hartnäckiger Organisator mit einem naturellen Hang für das Kommando verwirklicht“.

 

Blick vom „Arbeitszimmer“ über die jedes Jahr neu zurechtgeschnittene „Regenschirm-Eiche“ auf See und Alpen.

 

Es muss also ein klarer Ton in der Traumvilla am See geherrscht haben. Der arme, reiche Guido hatte weder Frau noch Kinder. Mama Mathilde weigerte sich, im speziellen „Apartment der Mutter“ auch nur eine Nacht zu verbringen. Als den ruhelosen Guido im Alter von sechzig Jahren das Herz versagte, nahm seine Geschichte einen unerwarteten Verlauf. Denn der notorische Einzelgänger hatte seine Villa 1988 an den Staat vermacht. Ein Glücksfall. Seit einigen Jahren kann nun jedermann und jedefrau Glanz und Gloria italienischer Lebenskunst genießen. Eine Einladung zum schwelgerischen Luxus verbunden mit dem Reichtum der Natur. Kein Zaun hindert den Besucher. Es reicht eine Eintrittskarte. Dann kann man sich für einige Minuten wie James Bond fühlen. Oder die Kussszene in Star Wars nachempfinden. Guido sei Dank.

Villa del Balbianello. Lenno. Comer See.

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