Sunset Tama 66

Nichts müssen

„Nichts machen, nichts wollen, nichts müssen! – Einfach sein.“ Was für ein einfacher, bestechender Gedanke. Einmal die Woche zählt nur diese Erfahrung – für eine Viertelstunde. Entspannen. Loslassen. Abtauchen. Keine Termine, keine Hektik. Keine Konkurrenz, keine Konflikte. Keine bange Frage – wie schaffe ich das nur? Dann weckt die Yoga-Lehrerin ihre versammelten Zöglinge mit der Klangschale. Runter von der Matte. Zurück ins Leben. Auf zu neuen Taten.

John Metcalfe kommt vom anderen Ende der Welt. Geboren und aufgewachsen in Neuseeland, fand er in London eine neue Heimat. Der 55-jährige Komponist sucht den richtigen Ton. Für sich und seine Zuhörerschaft. Der Bratschist entdeckt mit Hilfe der Musik die Welt, wandert durch das Labyrinth des Lebens, immer auf der Suche nach innerer Ruhe und äußerer Gelassenheit. Er arbeitet als Produzent mit Größen wie Peter Gabriel oder Simple Minds. Zwei seiner Alben sind mir aufgefallen. Appearance of Colour aus dem Jahre 2013. In diesem Sommer legt Metcalfe seine neueste Produktion vor. „Absence“. Es ist seine fünfte Veröffentlichung.

 

 

Das Kernthema von „Absence“, so erzählt John Metcalfe, bildet ein imaginäres Gespräch zwischen ihm und seinem verstorbenen Vater. In seinem zentralen Stück „Solitude“ geht es um den Verlust. Die Frage „Was wäre wenn?“ beschäftigt den Neuseeländer bis heute. Übersetzt in Klänge und Soundeffekte verarbeitet er den schmerzlichen Schicksalsschlag in berührende, melodiöse Songs. Doch bei allem Schmerz, allen Klagen und aller Trauer vermittelt seine Musik am Ende verlässlich Hoffnung: „I dream / Open the door“.

Metcalfe will uns auf behutsame Weise daran erinnern, dass nichts für immer währt, dass sich alles in wenigen Momenten ändern kann. Wir seien es unseren geliebten Verstorbenen schuldig, meint er, dass wir weiterkämpfen und „unser Leben leben – ihnen zu Ehren“. So ist es. Mitten hinein ins Leben. Bis zur nächsten Entspannung, wenn es heißt: „Nichts machen, nichts wollen, nichts müssen! – Einfach sein.“ Und danach staunen und zuhören, was uns die Welt bietet.

 

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