Archive for : September, 2022

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Der „Trottel“

„Eines der streckenweise intelligentesten Bücher, das der Rezensent je gelesen hat. Leider zerstört sich der Text nach und nach selbst, weil seine innere Wucht einerseits vertikal verpufft, andererseits seitlich auseinanderfließt.“ Oder: „Für jeden seiner vielen Fußnoten verdient dieser Mensch einen Stromschlag angemessener Stärke und Spannung.“ Der neue Roman „Trottel“ liefert gleich zu Beginn im Umschlagband „Anregungen und Vorschläge für Rezensenten, nützliche Bonmots für Streitgespräche oder zukünftige Nackenschläge“. Alles im Preis inbegriffen. Der „Trottel“ versorgt faule und/oder vorurteilsbeladene Vertreter der Kritikerkaste mit Munition für die Handhabung eines Buches, das wirklich anders ist als die anderen. Bereits der kurze Titel Trottel überrascht. Das Buch stammt aus der Feder von Jan Faktor. Er liefert auf 400 Seiten Außergewöhnliches mit Irrungen und Wirrungen, Höhepunkten und Tiefschlägen, Wort- und Gedankenspielen, die wie Salto Mortale durch die Seiten purzeln. Jan Faktor liebt die pure Lust am Experimentieren. Anarchisch, manchmal anstrengend und peinlich, aber stets witzig, klug und mit großer Herzenswärme. Ein Buch, bei dem der Lesende nicht weiß, was auf der nächsten Seite kommt.

 

Jan Faktor. Ein Prager in (Ost-)Berlin. Sein neuer Roman „Trottel“ ist für den Deutschen Buchpreis 2022 nominiert. Foto: CC-BY 4.0

 

Worum geht es? Ein Prager Informatiker macht sich nach dem 68er-Einmarsch der Russen auf den Weg nach Berlin, Hauptstadt der DDR. Er will die Welt kennenlernen, so wie sie ist. „Die stille Frage meiner Jugend lautete, ob ein Trottel im Leben glücklich werden kann“. So lautet der erste Satz im Roman, so bricht der tschechische Schwejk zu seiner Ostberlin-Odyssee auf. Er flieht aus der „Prager Vorhölle“, aus dem „fauligen, verfilzten, porenverstopften Knödelgeschwulst“. Er entdeckt „den seltsamen Trost von Chicorée“, staunt mit böhmischem Blick über die Ost-Berliner Bohème-Szene. So taucht der Trottel in die Szene vom Prenzlauer Berg der achtziger Jahre ein, in einen der schrägsten Winkel Berlins direkt am antifaschistischen Schutzwall, mit Abrisshäusern, Klo auf halber Treppe und Freiraum für alternative „Trottel-Träume“.

 

400 Seiten Entdeckungen zwischen Prag und Prenzlauer Berg.

 

Jan Faktor, in der Szene nur Honza genannt, stolpert durch das Prenzlauer Berg-Biotop der Kreativen, Punks und Unangepassten. Als tschechischer Exot mischt er in der Ost-Berliner Undergroundszene mit, organisiert heimlich Lesungen in verrauchten Wohnküchen, teilt mit anderen aus der „Deutschen Reichsbananenrepublik“ ihr Leben in der DDR-Nische „vollprivat bis tiefintim“. Er staunt über das Wunder der Wende und entwickelt eine Leidenschaft für Rammstein. Das Stahlgewitter der Ost-Combo wird sein Sound, der Herz, Geist und Seele wärmt. Was ist das Geheimnis der Kultband? Der Trottel findet die Antwort. Mehr im Buch. Heute ist vom einstigen Aussteiger-Viertel Prenzlauer Berg nur der Mythos geblieben. Nach der Wende hübschten Immobilienfonds das einstige Dissidenten-Quartier in ein luxussaniertes, gehobenes Bionade- und Latte-Macchiato-Viertel auf.

 

Jan Faktor liebt Rammstein.

 

Der Trottel ist auch ein sehr privates Buch geworden. Jan Faktor gibt viel preis, balanciert in seinem Familienepos auf einem schmalen Grat. So reflektiert er über die Liebe zu seiner Frau und das Trauma, seinen Sohn durch Suizid verloren zu haben. Seiner Weggefährtin dankt er mit der Widmung „an meine Frau, die dieses Buch lieber nicht lesen sollte“. Zu guter Letzt: Das deutsche Wort Trottel ist kaum übersetzbar. Für Faktor ist sein Trottel kein Schelm, der sei zu klug, aber auch kein Idiot wie bei Dostojewski. Sein Trottel sei von liebenswürdiger Ehrlichkeit, neugierig, naiv und stets ein wenig chaotisch. Sein Leitspruch: „Meine Großmutter meinte, man hätte es im Leben generell einfacher, wenn man unterschätzt wird.“

Den ungewöhnlichen Roman Trottel kann man nicht beschreiben. Man muss ihn lesen. Es lohnt sich.

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Väterchen Russland! Was machst Du?

„Was ist mit Russland passiert? Seit dieser Krieg im Februar 2022 begonnen hat, haben mir viele Leserinnen und Leser aus der Ukraine geschrieben. Sie haben mir Fotografien von U-Bahnhöfen aus Kiew und Charkiw geschickt, die sich bei russischen Artillerie- und Bombenangriffen in unterirdische Bunker und Städte verwandelten und in denen Menschen zum Teil wochen- und monatelang gehaust haben. Sie schrieben mir: »Sehen Sie, Dmitry, Sie haben das alles vorausgesagt. Wir leben jetzt in Ihrem Buch Metro 2033.« Natürlich habe ich, wie wir alle, diesen Krieg nicht voraussehen können. Sicher, ich habe mir mit großer Begeisterung apokalyptische Szenarien ausgemalt, aber dabei nie wirklich daran geglaubt, dass eine so ungeheuerliche Barbarei, eine so sinnlose Grausamkeit im 21. Jahrhundert möglich sein könnte und dass sich ein Volk so einfach von unsäglichen Propagandalügen in die Irre führen lässt. Doch dieser Krieg ist tatsächlich ausgebrochen und dauert nun schon viele Monate an. Und begonnen hat ihn Russland, mein Heimatland.“

 

Dmitry Glukovsky. Seine Science-Fiction-Trilogie „Metro 2033, Metro 2034, Metro 2035“ wird Realität. Er wünscht seinem unglückseligen Land „keine Niederlage, aber Heilung und Austreibung der Dämonen“. Foto: Michael Förtsch

 

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Auszüge aus dem Vorwort von „Geschichten aus meiner Heimat“ von Dmitry Glukhovksky. Jahrgang 1979. Geboren in Moskau. Weltbürger. Sprachgenie. Ausbildung als Journalist in Jerusalem. Mitarbeiter bei Russia-Today. Bestsellerautor der SF-Romane Metro 2033-35. (Trilogie über seine Heimat Russland. Story spielt nach einem Atomkrieg in der Moskauer U-Bahn) Mitverfasser einer Anti-Kriegs-Petition vom März 2022, die eine Million Russen unterzeichnet haben. Seit dem 7. Juni 2022 auf Putins Fahndungsliste. Glukhovsky lebt mittlerweile im Exil.

Am 19.10.2022 erscheint sein neues Buch: „Geschichten aus der Heimat“.

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„Was sind das für Dämonen? Jeder russische Schriftsteller, der etwas auf sich hält, macht sich irgendwann einmal Gedanken über das »Schicksal des Vaterlands«. Denkt darüber nach, warum in Russland immer alles anders ist »als bei normalen Leuten«.

(…)

Diese Krankheit hat einen Namen: Mythomanie. Mythomanie einerseits im Sinne einer obsessiven Faszination für Mythen, mit denen die harte, hässliche, unerträgliche, oft genug auf tragische Weise erbärmliche Wirklichkeit verschleiert werden soll – und andererseits in psychologisch-medizinischem Sinne: Mythomanie als ein unbeherrschbares Verlangen zu lügen und sich zu verstellen, selbst wenn die Lüge offensichtlich und für alle zu erkennen ist, ja, selbst dann noch zu lügen, wenn einem daraus nur Nachteile entstehen. Die Antwort auf die Frage: »Wie konnte Russland von einem demokratischen Staat zu einer totalitären, neosowjetischen Diktatur werden?«, lautet: Russland ist nie eine Demokratie gewesen und ist heute auch keine totalitäre Diktatur.

 

Geschichten aus der Heimat von Dmitry Glukhovsky. Erscheint in Deutschland am 19.10.2022

 

In den dreißig Jahren seit dem Zerfall der Sowjetunion ist mein Land stets eine durch und durch korrupte Bananenrepublik – vergleichbar mit gewissen lateinamerikanischen und afrikanischen Staaten – gewesen und bis heute geblieben, nur dass es statt Bananen Öl und Gas verkauft und damit den Rest der Welt erpresst. Die Leute, die durch Zufall ans Ruder der Macht gekommen sind, allesamt Versager und absolutes Mittelmaß, haben sich am wunden Euter dieser einst so bedeutenden Weltmacht festgekrallt und sie bis auf den letzten Tropfen gemolken. Und genau diese Günstlinge des Schicksals, diese selbsternannten Zaren versuchen sich nun mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verewigen und das Volk von der sakralen Natur ihrer Macht zu überzeugen. Gerade weil sie sich bewusst sind, dass ihre Macht reiner Zufall ist, sind sie jetzt so peinlich bemüht, ihren eigentlich völlig nackten Hintern mit heldenhaften Mythen zu verhüllen. Anfangs versuchten sie sich noch wie ein progressiver, moderner, demokratischer Staat zu gerieren. Jetzt mühen sie sich ab, unsere Bananenrepublik als schaurigen Wiedergänger einer Sowjetunion Stalinscher Prägung zu inszenieren. (…)

 

 

„Doch auch das ist Russland: meine unglückliche, unfassbare Heimat, in die ich möglicherweise nie mehr zurückkehren kann. Mein Land, dem ich in seinem sinnlosen Kampf gegen den Rest der Welt keine Niederlage wünsche, sondern Heilung, Austreibung der Dämonen, die von ihm Besitz ergriffen haben, Buße für das, was es der Ukraine angetan hat und antut, und Aussöhnung mit sich selbst“.

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Liebling Kreuzberg

Eine kleine Gruppe versammelt sich in Riehmers Hofgarten. Im Vorzeige-Kreuzberg. Es gibt drei Reden. Es spricht der Kultursenator, der Sponsor und der Biograf. Danach schreitet die kleine Schar zum Ort des Geschehens. Hauseingang Hagelbergerstraße 10c, gut geschützt vom Lärm der Großstadt. Die Witwe enthüllt eine Tafel, auf der steht: „Hier wohnte von 1980 bis 1994 Jurek Becker. Drehbuchautor, freier Schriftsteller“. Die Umstehenden applaudieren, stoßen mit Sekt an. Wer? Jurek Becker! Die neue Kreuzberger Tafel hilft. Sie berichtet von „Jakob der Lügner“ und „Liebling Kreuzberg“. Das eine war ein Welterfolg, verfilmt in der DDR und für den Oskar nominiert. Das andere war eine erfolgreiche Fernsehserie. Manfred Krug als kauziger Anwalt, der komplizierte Fälle löst und grünen Wackelpudding liebt. Manfred Krug und Jurek Becker waren unzertrennliche, beste Freunde.

 

Berlin-Kreuzberg. Christine Becker enthüllt die neue Gedenktfel für ihren verstorbenen Mann Jurek Becker.

 

Auf der Messingtafel steht: „Jurek Becker. 30.09.1937 – 14.03.1997“. Dabei ist das Geburtsdatum Spekulation. Nicht einmal Becker wusste genau, wann er geboren wurde. Der Grund: Sein Vater schummelte bei seinem Geburtsdatum, um das kleine Judenkind in den Nazi-Lagern vor Schlimmeren zu bewahren. Vater und Sohn überlebten den Holocaust getrennt in verschiedenen Lagern. Über zwanzig Familienangehörige gingen ins Gas, auch Jureks Mutter starb, an Entkräftung kurz nach Kriegsende. Nach der Befreiung erzog Vater Becker seinen Sohn zu einem „guten Kommunisten“. Lagerkind Jurek sprach kein Wort Deutsch, nur polnisch. Erst mit neun Jahren wurde er eingeschult. Die deutsche Sprache wurde seine neue Heimat. So wuchs der kleine Ghetto-Junge aus Lodz in die DDR hinein. FDJ, SED, zwei Jahre Kasernierte Volkspolizei (Vorgänger der NVA), Philosophie-Studium an der Humboldt-Uni. Bis zum Einmarsch der Sowjets in Prag 1968 übte er „unbedingte Loyalität“. Dann verließ er den realsozialistischen Pfad.

 

Ein Prosit auf den Dichter Jurek Becker. (1937-1997)

 

Becker flüchtete in die Literatur. Nur hier gab es „noch Meinungsverschiedenheiten“, konnten aus Biografien Menschen werden. So erfand er Jakob, den Lügner. Der kleine Ghettojunge macht seinen angstgeschüttelten, eingepferchten und verzweifelten Mitbewohnern Mut. Jakob besitzt ein Radio, hört heimlich „Feindsender“ und berichtet, die Front der Befreier rücke ständig vor. Die Rettung sei nah. Doch das Radio gibt es nicht. Jakob ist ein Lügner. Fälschen im Namen der Menschlichkeit. Jakob der Lügner ist ein „in der Hölle spielendes Märchen“ (Louis Begley). Auch Lügner können Helden sein, wenn sie Menschen mit ihren Illusionen Hoffnung machen. Becker über seine Rolle als Autor: „Ich versuche es mit Worten, sonst habe ich nichts.“

 

Ehrung für einen Dichter, der „Liebling Kreuzberg“ erfand. Eine Fernseharbeit, die „mich ungefähr so befriedigt wie ein Sturz aus dem Fenster … sie lässt mich andererseits so viel Geld verdienen, dass mir das Romane-Schreiben plötzlich wie eine rührende Freizeitbeschäftigung vorkommt“.

 

Mit dem erstarrten Denkverbot-System der DDR konnte Becker nie klarkommen. Nach Biermann-Ausbürgerung und Ausschluss von Dichterkollegen Reiner Kunze verließ er Ende der siebziger Jahre erst den Schriftstellerverband, dann die DDR. Jedoch mit einem seltenen Privileg. Der bei den Mächtigen ins Abseits geratene Schriftsteller erhielt ein Dauervisum, wurde ein Dichter mit zwei deutschen Pässen. „Wenn ich schon die Schnauze halten soll, dann halte ich sie lieber auf den Bahamas.“ Aus der Südseeinsel wurde nichts, stattdessen fand er eine Bleibe im eher vornehmen Kreuzberger Hinterhof – in der Hagelbergerstraße 10c, an der jetzt die neue Tafel prangt.

 

 

Was hätte er zum kleinen Festakt gesagt? Der Mann, der Sport und Jazz über alles liebte, der ein begeisterter Postkartenschreiber war. Wir wissen es nicht. Aber alles Staatstragende war ihm eher verdächtig und vielmehr Material für Spott und Ironie. In „Irreführung der Behörden“ oder im „Jakob“ lässt sich vieles neu entdecken. Das Finale des kleinen Festakts „in einer Gegend, die mir sehr behagt, sehr lebendig“ (Originalton Becker) hätte ihm wohl gefallen.  So versammelten sich Freunde nach der Enthüllung in der Osteria um die Ecke – seinem Lieblingsitaliener in Kreuzberg.

 

Wer mehr erfahren will. Hier eine TV-Doku des Bayrischen Rundfunks über Jurek Becker mit überraschenden Alltagsbildern aus der Wendezeit 1989/90:

 

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Früchte des Zorns

Tom Joad ist einer von vielen. Der Farmer versucht seine Familie durchzubringen. Doch die Dürre drückt seine Erträge. Die Bank fordert Schuldzinsen, der Grundbesitzer die Pacht. Irgendwann geht es nicht mehr. Die Familie verliert ihr Land an die Bank. Auf einem Handzettel wird gut bezahlte Arbeit im Westen angeboten. Die Rettung? Tom Joad lädt seine ganze Familie auf einen schrottreifen LKW. Großeltern, Onkel, Söhne, schwangere Tochter, ihren Mann, deren Kinder und einen mittellosen Wanderprediger. Der Treck startet in Oklahoma. Immer weiter kämpfen sie sich durch Sandstürme Richtung Gelobtes Land. Während der beschwerlichen Reise sterben die Großeltern. Die Joads gehören zu den vielen Hundertausend US-Bürgern, die statt der goldenen Freiheit von der Großen Depression überrollt werden. Es ist die Weltwirtschaftskrise von 1929. Mit einer vom Menschen mitverursachten Dürre und dem Börsenkrach, der wirtschaftlichen Katastrophe des „Schwarzen Freitags“. Tom Joads letzte Hoffnung hat einen Namen: Kalifornien.

 

Erbsenpflückerin Florence Owens. Mutter von sieben Kindern. Alter: zweiunddreißig. Nipomo, California. 1936. Foto Dorothea Lange

 

Wie viele andere so genannte Okies ziehen sie über die Route 66 nach Kalifornien . Die Joads wollen dort als Wanderarbeiter einen Neuanfang wagen. Doch statt  guter Jobs erleben sie nur Ausbeutung,  Ablehnung und neue Armut. Vater Tom ist niedergeschlagen, verliert jedes Selbstbewusstsein. Mutter Joads versucht verzweifelt die Familie zusammenzuhalten. Doch in Kalifornien bleiben sie Außenseiter. Entwurzelt, rechtlos, chancenlos. Fremd im eigenen Land. Sie sind die Migranten, die den Einheimischen die Arbeit wegnehmen wollen. Am Ende strandet die Familie in einem Notlager. Tom gibt nicht auf, schlüpft allmählich in die Rolle des Wanderpredigers, der gegen Armut und Ungerechtigkeit zu Felde zieht. Die Tochter verliert ihr Baby. Am Ende gibt Rose einem verhungernden fremden Mann die Brust.

 

John Steimbecks US-Erstausgabe von „Früchte des Zorns“ aus dem Jahre 1939.

 

Früchte des Zorns von John Steinbeck erschien 1939. Sein aufsehenerregender Roman über Tom Joad traf den Nerv einer verunsicherten, krisengeschüttelten Gesellschaft. In den USA wurde John Steinbeck zunächst zum Hassobjekt von Großgrundbesitzern und radikalen Rechten. Es gab Morddrohungen und Bücherverbrennungen. Doch die Geschichte von Tom Joad setzte sich durch, wurde ein Bestseller. Steinbeck erhielt erst den Pulitzer-Preis und später den Nobelpreis.

 

 

Hollywood verfilmte seine Anklage an die amerikanischen Verhältnisse mit Henry Fonda in der Hauptrolle. Längst sind Buch und Film Klassiker. Folksänger Woody Guthire widmete Tom Joad eine Ballade, die gleichfalls berühmt wurde. Bruce Springsteen nannte 1995 sein ganzes Album The Ghost of Tom Joad. Der Titelsong wurde später von Rage Against the Machine und vielen anderen Künstlern gecovert. In diesen Tagen ist das Lied wieder so aktuell wie das Buch und der Film, weil sich die Wirklichkeit für hart arbeitende Menschen in einfachen Jobs nicht geändert hat: So viele Wanderarbeiter ziehen weltweit umher und erleben statt Hoffnung und der Aussicht auf gute Jobs die „Früchte des Zorns“.