Landschaft mit Sonn(e)
So. Sonn. Sonne. Sonnenblumen. Kein anderer Künstler hat die sommerlich, leuchtenden Sonnenblumenfelder magischer ins Bild gesetzt als Vincent van Gogh (1853 – 1890). Der Maler wäre heute ein Popstar. Er schuf in seinen zehn produktiven Jahren etwa 800 Gemälde aus 1.100 Arbeiten auf Papier. Zu Lebzeiten verkaufte er kaum ein Bild. Er quälte sich durch Sinn- und Schaffenskrisen, bis er schließlich seinem Leben mit 37 Jahren auf einem Feld ein selbstbestimmtes Ende setzte. Van Gogh: „Ich kann die Tatsache nicht ändern, dass sich meine Bilder nicht verkaufen. Aber die Zeit wird kommen, in der die Menschen erkennen werden, dass sie mehr wert sind als das Geld für die Farbe, die ich darin verwendet habe.“ Gleich mehrere Van-Gogh-Ausstellungen sind Publikumsrenner, allein die Performance Van Gogh Alive lockte bislang mehr als 8.5 Millionen Interessierte an. Sein „Obstgarten mit Zypressen“ wurde letztes Jahr für 117,2 Millionen Dollar verkauft.
Es gibt so viele Kreative, denen zu Lebzeiten Erfolg, Ruhm und Anerkennung versagt bleiben. Mein Patenonkel Kurt Sonn (1933-2020) hinterließ nahezu dreitausend Bilder. Den großen Durchbruch schaffte er nicht. Aber er malte unverdrossen weiter, auf den Spuren seiner Ikonen Gabriele Münter und Wassily Kandinsky. In seinem Atelier roch es herrlich nach Farbe. In unregelmäßiger Folge veröffentliche ich aus seinem Nachlass Bilder auf Facebook. Immer wieder werde ich angesprochen, wer dieser unbekannte Maler mit seinen warmen Farben ist. Wer mag, kann gleich weiterlesen und mehr erfahren. Vielleicht wird jemand aus der Galerieszene neugierig? Kurt Sonn lohnt sich zu entdecken. Er hätte eine Ausstellung mehr als verdient.
Hier mein (leicht gekürzter) Text aus dem Jahre 2020: „Kurt Sonn suchte Klarheit und Reinheit. Die Harmonie der Farben. Die Heilung in der Kunst. Er fand seinen Lebenssinn in Natur und Landschaften. Sein Sonnenreich war die Malerei. So arrangierte er unermüdlich seine Kompositionen in warmen, wohltuenden Farben und fließende Formen. Häuser, Kirchtürme, Höfe, Schuppen scheinen auf. Kantige Brüche, Dissonanzen oder dunkle Störungen sind eher selten zu erkennen.
Seine Sache war das Entdecken und Sehen, das Malen und Zeichnen. Einer, der genau hinschaute, das Spiel der Wolken und den Wechsel der Landschaften in den Jahreszeiten. Seine in den Grundtönen rot, braun und gerne mit gelben Sonnentupfern oder Flächen versehenen Landschaftsmotive folgen der expressionistischen Schule. Abstraktion der Natur auf Basis der Romantik, Tendenz zum Kontrast, dünne lasierende, tuschende Malweise. „Vom Wollen zum Können voranschreitend“, wie es im berühmten Manifest von 1916 heißt.
Kurt Sonn fand seine Bestimmung in der Natur. Sein Gegenbild zur zerstörerischen Kraft der Menschheit in Zeiten von maximalen Gewinnstreben, Globalisierung und Digitalisierung. Harmonische Farben und Formen sind seine Antwort auf Raubbau und Ausplünderung des Planeten. Sein Atelier in der (noch) heilen Unberührtheit der lieblichen schwäbischen Heimat inspirierte und beflügelte ihn genau wie seine geliebten mediterranen Motive.
„Schau dir die Natur an! Jeder Sonnenuntergang zaubert jeden Abend ein anderes Licht. Sie ist unser größter Lehrmeister“. Einer seiner Sonn-Sätze. Der Künstler malte nicht nur mit Farben, auch mit Tönen und Worten. Am Klavier oder an der Schreibmaschine. Bis kurz vor seinem Tod (2020) hat er nahezu jeden Tag ein neues Bild gemalt. Natur, Landschaften, Hügel, Dörfer, Kirchen. In den warmen, sonnigen Kurt-Sonn-Farben.“