Walkerssk. Eiffelturm.

Eiffelturm zu verkaufen

Als der Junge zehn ist, beschließt er: „Ich, Victor Lustig, schwöre hiermit, reich zu werden und genau das zu tun, was mir Freude macht.“ An diesen Schwur hält er sich zeitlebens. Als der Junge erwachsen wird, liegt ihm die Welt zu Füßen. Victor Lustig bricht aus der engen K.u.K-Provinz in der Nähe von Wien auf, um sein Glück zu machen: als Taschendieb, Fälscher, Betrüger, Hochstapler und hochgeschätzter Gentleman-Ganove. Alles, was fürs Leben wichtig ist, lernt er in Paris bei der alternden Bordellchefin La Dame. „Jeder sehnt sich nach etwas“, bringt Madame dem kleinen Victor bei: Erkenne die Wünsche der Menschen, bediene sie, und du hast Erfolg. Aus dem Jungen wird Graf Victor Lustig. Der elegante Titel Graf ist einer von achtzig Alias-Namen, aber der Wichtigste. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere fälscht der Graf im großen Stil Dollars, bringt die US-Wirtschaft fast ins Wanken. Er trifft Al Capone und verkauft nebenbei den Eiffelturm an einen Schrotthändler.

 

In den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts rostete der Eiffelturm vor sich hin. Er galt als schrottreif. Ein Fall für Victor Lustig.

 

Diesen Schwindler-Schwejk Victor Lustig gab es wirklich. Jetzt erzählt der österreichische Autor Bastian Kresser seine unglaubliche Lebensgeschichte aus dem letzten Jahrhundert neu: „Als mir die Welt gehörte“. Ein höchst vergnüglicher Schelmenroman. Held Victor Lustig ist ein Mann mit Vorliebe für „angenehmes Reisen, gutes Essen, schneidige Anzüge und teuren Uhren“. Er lernt schnell, wie leicht es ist unterzutauchen, wenn das nötige Kleingeld vorhanden ist. Geregelte Arbeit? Nichts für ihn! Sein in Madames Etablissements erlerntes Handwerk hilft. Das genaue Beobachten der Mitmenschen. Das Ausnutzen ihrer Gier nach schnellem Geld und Erfolg, ob in der High Society oder Unterwelt. Er praktiziert die zehn gelernten Gebote für perfekte Hochstapelei. Die ersten drei lauten: „Sei ein geduldiger Zuhörer. Sehe niemals gelangweilt aus. Sei niemals betrunken“. Die anderen sieben Gebote finden Sie im Buch.

 

Der echte „Graf“ Victor Lustig nach seiner Verhaftung in New York. „Der smarteste Gauner, der jemals geboren wurde.“

Der Graf hasst Langeweile und bekämpft sie wie seinen Todfeind. Zunächst beklaut er fingerfertig Touristen, später verbringt er Zeit in Wettbüros und erfindet Geldvervielfältigungsmaschinen. Schließlich fälscht er Weinetiketten und verkauft Fusel als Wein der Extraklasse. Sein Motto: „Köstlich. Ein Wein, würdig eines Grafen.“ Während der Prohibition in den USA vermittelt er den knappen Stoff in Flüsterkneipen, lässt Reisedokumente, Pässe, Zertifikate, Verträge, Schecks fälschen. Sein Meisterstück: er verkauft den „abrissreifen“ Eiffelturm gleich zweimal an verschiedene Schrotthändler, übrigens eine wahre Begebenheit. Victor Lustig ist die perfekte Mischung aus Donald Trump, Elon Musk und Dagobert Duck, allerdings vor hundert Jahren.

Was ihn von den heutigen Tycoons des modernen Turbo-Kapitalismus unterscheidet, sind seine gepflegten Manieren. Der „Geldfälscher des Jahrhunderts“ hat Stil. Er bleibt stets charmant und zuvorkommend. Er betrügt seine Geschäftspartner so geschickt, weil sie seinen Versprechen vom großen Deal glauben wie Kinder an den Weihnachtsmann. Lustig nennt sich „Vertrauenskünstler“. Sein Erfolgsrezept: völlige Hingabe an die Rolle, die er gerade spielt. Irgendwann wähnt sich das rastlose Chamäleon Victor Lustig unverwundbar. Wir ahnen das Ende. Gemeinsam mit Al Capone sitzt er in zu groß geratener Gefängniskleidung im Knast von Alcatraz, bewaffnet mit einem dreckigen Wischmopp zum Saubermachen der Duschen. Aber eines ist für den Grafen klar: Er macht „nur eine Pause“.

 

Bastian Kresser. Als mir die Welt gehörte. Eine amüsante Geschichte aus der Welt des schönen Scheins. Gut erzählt. Genau das Richtige für lange Winterabende.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.