„Vom Wollen zum Können“
Er suchte die Harmonie der Farben. Die Heilung in der Kunst. Er fand seinen Lebenssinn in Natur und Landschaften. Sein Sonnenreich war die Malerei: Kurt Sonn. Unermüdlich arrangierte er seine Bilder in warmen, wohltuenden Farben und fließende Formen. Häuser, Kirchtürme, Höfe und Schuppen. Kantige Brüche oder dunkle Dissonanzen sind eher selten zu erkennen. Seine Sache war das Entdecken und Sehen. Einer, der genau hinschaute, das Spiel der Wolken und den Wechsel der Jahreszeiten. Seine in den Grundtönen rot, braun und gerne mit gelben Sonnentupfern versehenen Landschaftsmotive folgen der expressionistischen Schule. Gabriele Münter und Wassily Kandinsky waren seine Vorbilder. Abstraktion der Natur auf Basis der Romantik. Tendenz zum Kontrast, dünne lasierende, tuschende Malweise. „Vom Wollen zum Können voranschreitend“, wie es im berühmten Manifest von 1916 heißt.
Kurt Sonn fand seine Bestimmung in der Natur. Sein Gegenbild zur zerstörerischen Kraft der Menschheit in Zeiten von maximalen Gewinnstreben, Globalisierung und Digitalisierung. Harmonische Farben und Formen sind seine Antwort auf Ausplünderung des Planeten. Sein Atelier in der (noch) heilen Unberührtheit der lieblichen schwäbischen Heimat inspirierte und beflügelte ihn genau wie seine geliebten mediterranen Motive.
Doch Sonn war kein weltfremder oder naiver Maler. Er suchte Halt im Glauben, erlebte dort Glück wie Verzweiflung. So malte er gegen das Scheitern an. Täglich neu. Immer wieder getrieben, suchend und fluchend. Nach Zeiten der inneren Qual machte er einen großen Sprung – vom Naturabmalen – mehr oder weniger impressionistisch – zum Fühlen des Inhaltes, zum Abstrahieren – um auf das Wesentliche und zum Kern seiner Kunst vorzustoßen.
Kurt Sonn (1933 – 2020) war kein medienerprobter Performer im lauten Kunstbetrieb. Zurückgezogen suchte er die richtige Komposition, die passende Mischung von Farben Formen und Figuren. Einer, der stets um den richtigen Ton rang. Ruhig und bescheiden, auf seine Arbeit konzentriert und äußerst konsequent. Er hinterließ mehr als dreitausend Bilder.
„Schau dir die Natur an! Jeder Sonnenuntergang zaubert jeden Abend ein anderes Licht. Sie ist unser größter Lehrmeister“. Einer seiner Sonn-Sätze. Der Künstler malte nicht nur mit Farben, auch mit Tönen und Worten. Am Klavier oder an der Schreibmaschine. Bis zu seinem Tod hat er nahezu jeden Tag ein neues Bild gemalt. In den warmen Kurt-Sonn-Farben, die er so geliebt hat.
Transparenzhinweis: Kurt Sonn war mein Patenonkel. In seinem Atelier posierte ich als Knirps zum Beispiel für eine Märklin-Werbekampagne, mit der er unter anderem den Lebensunterhalt für seine achtköpfige Familie verdiente. Dank dieser Brotjobs konnte er sich die Malerei leisten.