Is mir egal
„Erster Schultag in Berlin. Die Kinder haben noch keinen Stundenplan, aber am zuckerfreien Vormittag wurden schon mal die Namen getanzt.“ Notizen vom Prenzlauer Berg. Die Hauptstadt ist aus den Ferien zurück. Und – wie gewohnt – funktioniert nichts richtig. Das Finanzamt ist abgetaucht. Das Bürgeramt Kreuzberg schickt verzweifelte Bürger wieder weg, die bereits zum fünften Mal einen ausgefüllten Antrag abstempeln lassen wollen. Warum? – Antwort des Amtsträgers: „Ganz einfach – weil ich nicht will!“ Das ist Berlin.
„Is mir egal“, ein Werbespot der hauptstädtischen Verkehrsgesellschaft BVG hat längst Kultstatus erlangt. Sechs Millionen Menschen können nicht irren. Eigentlich sollte gegen Schwarzfahren geworben werden, doch die eigentliche Botschaft ist überall angekommen. Ist doch eh egal. Zum Beispiel, dass einer Familie auch zwei Monate nach Geburt ihres Kindes kein Kindergeld ausgezahlt wird. Warum? – Die Eltern haben keine gültige Steueridentifikationsnummer. Die bekommen sie aber nur, wenn sie einen Termin beim Bürgeramt ergattern. Und seitdem der Sprößling da ist, stehen sie auf der Warteliste.
Was im Kleinen nicht funktioniert, kann auch im Großen nicht gelingen. Unfassbare neun Jahre dauert in der Hauptstadt bisher der Bau einer neuen Schule – die Boulevardzeitung „B.Z.“ hat aufgelistet, was in der Zeit bislang alles so geschehen ist: 1) Bezirk definiert Bedarf, 2) Mittel werden beantragt, 3) Testat wird erstellt, 4) Senator für Finanzen verabschiedet Investitionsplan, 5) Anmeldung durch Bezirk, 6) Senatsbeschluss, 7) Erarbeitung Bedarfsprogramm, 8) Genehmigung Bedarfsprogramm, 9) Vergabeverfahren, 10) Auswahlentscheidung, 11) Vorplanungsunterlagen (VPU) werden erarbeitet, 12) VPU werden genehmigt, 13) Veranschlagung im Haushalt, 14) Bauplanungsunterlage (BPU) wird erarbeitet, 15) BPU wird genehmigt, 16) Ausführungsplanung, 17) Ausschreibungscheck, 18) Baubeginn, 19) Fertigstellung (evtl.), 20) Is egal.
Wird schon. Wie der Flughafen. Also Kopf hoch, und nicht die Hände!