Zu den Sternen

Branten ist ein altdeutsches Wort für Pratzen oder Tatzen. Klanglich schwingt „Brandenburg“ mit. Das dünnbesiedelte Bundesland rund um Berlin ist flach, menschenleer, spröde. Preußisch angetretene Kieferwälder und endlose Rapsfelder geben sich die Hand. Über allem ein weiter Himmel. Die Bewohner sind wie das Land. Misstrauisch und wortkarg, aber verlässlich. Im Nordwesten Brandenburgs liegt Gülpe. Dank Google Earth leicht zu orten. Hier ist das Herz Dunkel-Deutschlands. Unbestreitbarer Vorteil: hier sind die meisten Sterne zu sehen.

 

 

Die Demografie hat diesen Landstrich zwischen Berlin und Hamburg eisern im Griff. Scharenweise sind in den letzten zweieinhalb Jahrzehnten junge Einheimische abgewandert. Andere wiederum ziehen hierher. Suchen ihr Glück, versuchen in diesen menschenleeren Gegenden zu siedeln. Großstadtmenschen, die nach Wiesengrün und Himmelsblau, Erdbraun und Ziegelrot dürsten. Viele zeigen eindeutige Symptome der Stadtflucht, Landlust genannt. Diese Stadtflüchtlinge hassen Lärm jeder Art, suchen unbedingte Ruhe. Leere Häuser gibt es auf dem Land genug. So kommen sie an, aus der Stadt mit reichlich Illusionen und in teuren Halbschuhen.

 

 

Diesem brandenburgischen Landstrich gehen die jungen Frauen aus. Angeblich kommen beispielsweise in der Prignitz fünf Männer auf eine Frau. Das ist sicher übertrieben. Aber Männer ohne Frauen, so heißt es, werden Alkoholiker oder rechtsradikal. Leichte Beute für Populisten. In Brandenburg besteht die Unterschicht nicht aus Migranten oder Frauen, sondern aus abgehängten deutschen Männern. Sie wissen mit sich und der Welt nichts mehr anzufangen. Ist die Region ein Notstandsgebiet? Eine Zuwanderungswelle deutscher Singlefrauen in Brandenburgische Brüche ist bisher nicht erfolgt.

 

 

Dabei sind im dunkelsten Teil Deutschlands dank fehlender Licht-Verschmutzung, so der offizielle Begriff, die meisten Sterne zu sehen. Sterne, die glitzernd klar, hell und funkelnd sind. Zum Verweilen schön.

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