Schlaflos in Pjöngjang (2)

Die Welt taumelt am Rande einer Katastrophe schreibt der Spiegel. „Jeden Augenblick könnte der Atomkrieg ausbrechen“. Die Rede ist von Nordkorea. Viele Menschen fürchten, dass am anderen Ende der Welt plötzlich einer die Nerven verliert. Diktator Kim Jong-Un und US-Präsident Donald Trump belauern, provozieren und drohen sich bis ans Messer. Droht der große Knall? Sterben für Korea? Ich will lieber vom Leben erzählen.

Vor über zehn Jahren hatte ich die einmalige Gelegenheit, das geschlossene System der Kim-Dynastie eine Woche lang zu besuchen. Als Mitglied einer deutschen Delegation unter Leitung der damaligen Präsidentin des Goethe-Instituts Jutta Limbach. Eine kluge und unbeugsame Frau, die vor einem Jahr verstorben ist und in diesen Zeiten so sehr fehlt. Ich zitiere zum ersten Mal in Auszügen aus meinem Reisetagebuch. Übrigens: 2004 hieß der nordkoreanische Führer Kim Jong-Il. Der heutige Nordkorea-Diktator Kim Jong-Un ist dessen dritter Sohn. US-Präsident war damals George W. Bush.

 

Bronze-Denkmal Staatsgründer Kim Il Sung.

 

Teil 2

Dienstag, 1. Juni 2004

„Willkommen an Bord einer russischen Verkehrsmaschine, die wahrscheinlich so viele Jahre auf dem Buckel hat wie ich.

Interieur, Designs, Teppiche, Sitze, Bezüge, Beleuchtung, kurzum alles atmet den verblichenen Duft der sechziger Jahre. Aus den Lautsprechern dröhnen fröhlich-piepsende Heldenlieder. Es klingt wie ein munteres Vogelgezwitscher, unterbrochen von zeitweiligen Stößen eines Presslufthammers.

Die Iljuschin brummt, rollt auf die Startbahn und gewinnt ächzend an Fahrt. Die farbenfroh gewandten Stewardessen, hübsch anzusehen, bleiben stehen. Es gibt offenbar keine Sitzplätze für sie. Sicherheitsvorschriften? Anschnallen? Das gilt nicht für sie. Tapfer halten sich die jungen Damen fest, während sie ihr geheimnisvolles unnahbares koreanisches Lächeln aufsetzen.

 

Flug Peking – Pjöngjang.

 

Die Iljuschin vibriert inzwischen mit dem Temperament einer Höllenmaschine und erhebt sich. Meine deutsche Sitznachbarin warnt mich vor dem Backofen, der uns gleich bevorsteht. Die Klimaanlage, sagt sie, wird in der Regel abgestellt, um Treibstoff zu sparen. Sie irrt sich. Glücklicherweise. Offenbar ist genug Kerosin im Tank. Ich bin beruhigt. Wir kommen nicht ins Schwitzen.

 

Bordverpflegung.

 

Wir fliegen über karge, bergige, nahezu unbewohnte Landschaften. Die dauerlächelnden Stewardessen servieren ein Tablett mit bunten Schälchen. Es gibt Reis, Geflügel, Käse und Wurst. Zum reichhaltigen Angebot gehört neuseeländische Butter. In der Linienmaschine sitzen chinesische und nordkoreanische Funktionäre. Und wir sind dabei, eine fünfzehnköpfige Gruppe deutscher Handlungsreisenden der Goethe-Gesellschaft mit Jutta Limbach an der Spitze. Unterwegs, um ein neues Institut feierlich einzuweihen.

 

Flughafen Pjöngjang International.

 

Achttausend Meter unter uns liegt Nordkorea. Die Delegation aus dem fernen Deutschland ist im Anflug. Pjöngjang, wir kommen!“

 

Fortsetzung folgt.

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