Wer will diesen Krieg?

Krieg als Lösung? – Nicht für Olgas Familie aus Charkiw. Großmutter Olga flüchtet mit drei Kindern in überfüllten Zügen nach Berlin. Die Mutter ist vor Kriegsausbruch an Krebs gestorben. Der Vater bleibt zurück – zur „Verteidigung der Heimatstadt“. Krieg als Lösung? – Nicht für Susana Camaladinova aus Kiew, Mutter von zwei Kindern. Sie nimmt ihrer Kinder und flüchtet mit dem Auto nach Berlin. Susana ist Sängerin, besser bekannt als Jamala. 2016 gewann die Ukrainerin in Stockholm den ESC-Contest mit ihrem Lied „1944“. Der auf Krimtatarisch gesungene Song erzählt von verlorener Heimat. Jamalas Großeltern wurden 1944 von der Krim nach Zentralasien deportiert. Stalin beschuldigte die Krimtataren kollektiv der Kollaboration mit Nazi-Deutschland. Jamala ist nun im deutschen Exil in Sicherheit. Sie sagt: „Mein größter Wunsch ist, dass der Krieg aufhört. Ich singe heute im Namen der Kinder. Ich singe heute im Namen der Frauen. Ich möchte, dass die ganze Welt unsere Stimme hört und von unseren Schmerzen und Leiden hört.“ Ihr Mann verharrt in Kiew.

 

 

Krieg als Lösung? – Nicht für Anna Skryleva, eine international renommierte Pianistin und Dirigentin. Seit 2019 Generalmusikdirektorin am Theater Magdeburg. Die 47-jährige gehört zur großen Community der Russen in Deutschland. Sie verurteilt Putins Intervention und bangt um die Zukunft der Ukraine und die ihrer Heimat in Russland. Für Anna Skryleva ist der Überfall ein „Albtraum“. Dem MDR sagte sie: „Leider merke ich, dass jetzt generell die Kultur sehr unter Druck steht. Ich meine, ich bin Russin, in Russland geboren und aufgewachsen. Ich bin deutsche Staatsbürgerin. Aber natürlich werde ich für alle Russin bleiben – und das ist auch gut so. Ich will meine Identität nicht verstecken. Aber umso wichtiger finde ich, als Russin wirklich zu sagen, dass so ein Kriegsverbrechen heutzutage überhaupt nicht geht!“

 

 

Krieg ist teuer. Wir werden auch im Westen die Folgen bald spüren. Energie, Lebensmittel, Benzin. Alles wird teurer. Währenddessen laufen die Propagandamaschinen auf Hochtouren. Auf beiden Seiten. Krieg ist Macht. Putins Kriegslogik: Angriff als Verteidigung. Mit diesem Satz rechtfertigte er den Überfall: „Die wahre Stärke liegt in der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Doch Krieg zerstört die Wahrheit. Als erstes. Das weiß auch die Duma. Das russische Parlament hat ein Gesetz erlassen, wonach das Benennen der Militäraktion als Krieg mit Strafen bis zu sechs Jahren geahndet werden kann.

 

 

Putin lässt seit Tagen Millionenstädte beschießen wie einst die Serben Sarajewo im Bosnienkrieg. Die Orthodoxe Russische Kirche verteidigt Putins Vorgehen als notwendiges Mittel. Die Patriarchen fungieren als eine Art innere Gesinnungspolizei, besonders erfolgreich auf dem Land. So eskalierte am 24. Februar 2022 mit der russischen Invasion in der Ukraine eine brisante Mischung aus Putins Größenwahn und seinem Netzwerk aus Kreml, Kirche, Militär und Geheimdienst. Dirigentin Anna sagt: „Das Schlimmste ist, was die Regierung in Moskau getan hat: Sie hat nicht nur Völkerverbrechen der Ukraine gegenüber getan. Sie hat ihrem eigenen Volk gegenüber ein Verbrechen getan. Jetzt beginnt so eine Art Hexenjagd auf Russen auf der ganzen Welt, ohne zu fragen, wie wir überhaupt zu diesem Weg stehen. Das finde ich das Schlimmste.“

 

 

Olga, Jamala und Anna wollen diesen Krieg nicht. Großmutter Olga muss nun mühsam mit ihren Kindern in einem fremden Land Fuß fassen. Jamala singt beim deutschen ESC-Wettbewerb, wird umjubelt und denkt doch nur an ihre Heimat. Anna weiß noch nicht, ob ihr Projekt „Classic for Peace„, bei dem junge ukrainische und russische Musiker gemeinsam musizieren, eine Zukunft hat. Wir selbst jedoch können viel tun. Raus aus der Komfortzone,runter vom Sofa. In jeder Gemeinde, in jeder Stadt gibt es Hilfsorganisationen, die selbst Hilfe benötigen. Menschen in Not konkret beizustehen ist eine wunderbare Sache. Viele sind bereits dabei.

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