Category : aktuelles

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Mein Opa, der Nazi

Was tun, wenn der eigene Großvater Teil des NS-Regimes war? Unabdingbar stellen sich Fragen. War er in Verbrechen verstrickt oder einer der vielen Mitläufer? Wie konnte es dazu kommen? Was war seine Rolle? In vielen Familien wird die Geschichte der Vorfahren bis heute eher beschwiegen. Einige wenige haben sich dieser Frage gestellt: Albert Speer-Tochter Hilde Schramm oder Niklas Frank, Sohn der NS-Größe Hans Frank. Ein zum Tode verurteilter Kriegsverbrecher, genannt der „Schlächter von Polen“. Jetzt wagt sich Unternehmer Dominik von Ribbentrop mit seinem lesenswerten Buch „Verstehen. Kein Verständnis“ auf vermintes Gelände. Joachim von Ribbentrop war sein Großvater und Hitlers Außenminister. Er fädelte 1939 den Hitler-Stalin-Pakt ein. Persönlich kannten sie sich

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Der eiserne Gustav

Der Volksmund warnt: „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ Gustav Hartmann aus Berlin-Wannsee ist Droschkenfahrer mit Leib und Seele. Er setzt auf Pferdestärke, PS genannt. Doch der knorrige Alte setzt stur aufs falsche Pferd. Autos hasst er. Sie sind laut, stinken und eine Zeiterscheinung, die bald vergeht. Gustav ist sich sicher: „Mit solchen Benzinstinkern mache ich mich nicht gemein! Das sind doch alles bloß Todeskandidaten, und in zehn Jahren weiß kein Mensch mehr was von ihren Töfftöffs. Da ist die Mode vorbei“. Der kauzige Gustav weigert sich, die neue benzingetriebene Konkurrenz ernst zu nehmen. Warum? Ich bin “immer pünktlich auf die Minute, und dann im schlanken

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Unser Robert

Interviewtermin im Luxus-Hotel Regent am Berliner Gendarmenmarkt. Ein neuer Redford-Film wird präsentiert. Genehmigt sind genau fünfzehn Minuten. Der Star macht einen sogenannten medialen Massenabwurf. PR-Interviews, um das neue Werk „Von Löwen und Lämmern“ in Europa anzuteasern. Ich bin aufgeregt. Auch, weil mich zum ersten und übrigens einzigen Mal meine Frau begleiten möchte. Natürlich nur wegen Robert. Gut! Dann machen wir das. Gegenüber der Filmfirma erkläre ich Heike zur ZDF-Praktikantin. Der kleine Schwindel fällt zunächst nicht auf. Die Lobby in der Edel-Herberge ist voll. Alle wollen Robert Redford persönlich sehen. Ach, ja: Wir schreiben Herbst 2007, das ist nun schon eine Weile her. Als wir nach einiger Wartezeit in die erste

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Wiedersehen in Walhalla?

Wir sind in der Teestube von Wangerooge verabredet. Friedrich-Wilhelm Petrus kommt mit dem Rad. Pünktlich wie ein Schweizer Uhrmacher. Das Gehen fällt dem stattlichen Mann schwer. Er setzt sich an diesem milden Septembernachmittag zu uns ins Freie. Petrus geht stramm auf die Neunzig zu. Der Mann ist auf der autofreien Nordseeinsel Watt- und Inselführer, Zeitzeuge und eine Institution aus Schrot und Korn. „Moin! Was wollen Sie nun genau wissen?“ Als wir uns über seine Geburt 1936, die Schönheit seiner kleinen Insel, die Gezeiten, kurzum über das Auf und Ab im Leben zu unterhalten beginnen, ruft Petrus dem Wirt zu: „Ingo, die Bunkertür steht offen. Sorg mal dafür, dass die wieder

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Auf Maos Spuren

Moin. Früh, mittags, abends schallt einem dieses kurze Moin entgegen. Oben im hohen Norden. Mal zackig, mal vernuschelt, aber stets, wenn man sich irgendwo begegnet, zwischen Föhr und Wangerooge. Wer wie wir mit dem Rad ohne Elektro-Energie übers Land strampelt, vorbei an Maisfeldern, Kuhweiden und obligatorischen Windrädern, muss rasch feststellen: Der Menschenschlag im Norden ist wie der stramme Gegenwind: Steif, sturmfest und wortkarg. Hier macht man wenig Worte. Geredet wird in dieser Welt eh zu viel. In den letzten Augusttagen ziehen wir unsere Kreise durch Ostfriesland. Mit vollen Packtaschen, ohne Hilfsmotor. Hier gibt es keine Steigungen. Nur der Wind ist selten unser Freund, häufig bläst er hartnäckig ins Gesicht, zwingt

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Die Löwin von Neukölln

Berlin-Neukölln. Rollbergviertel: Betonburgen, Tiefgaragen, Müllcontainer. Dazwischen ein bisschen Grün. Ein sogenannter sozialer Brennpunkt. Für Güner Balci Kindheit, Jugend und ein Stück Heimat: „Für uns Kinder war die Großsiedlung ein Raum, in dem jeder sein konnte, wie er war. Wir waren die Herrscher über Treppenaufgänge, Kellerräume und Garagen. Wir, das waren hunderte Kinder, deren Eltern aus unterschiedlichen Ländern eingewandert oder Deutsche ohne Migrationsgeschichte waren.“ Alle Familien hätten viele Kinder gehabt. „Man hatte sein Auskommen, sofern die Eltern arbeiten gingen. Nicht alle taten das – die ersten Anzeichen der späteren fatalen Entwicklung.“ Eine Kindheit ohne Klavierunterricht, Ballett, Helikoptereltern und Nachhilfestunden. „Der Rollbergkiez war meine Lebensschule“, schreibt die 50-jährige Autorin und Integrationsbeauftragte von

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Am Ende der Welt

Sommerzeit, Reisezeit. Die Autobahnen sind voll. Rechts eine endlose LKW-Karawane, häufig zweispurig blockiert. Links eine glitzernde Perlenkette von Wohnmobilen, Familienkutschen, eiligen Kleintransportern, Dränglern und Rasern. Überall Baustellen. Stillstand. Kilometerlange Staus in der Augusthitze. Wenn es dreispurig weitergeht, wird sofort auf die Tube gedrückt. Frust-Raserei, als gebe es kein Morgen. Bis zur nächsten Baustelle oder bis zur nächsten Vollsperrung. Der Grund: Massenkarambolage. Wieder Stillstand. Der Stau macht alle gleich. Vom Porschefahrer bis zum rumänischen Schwertransporter. Irgendwann kommt Bewegung in die Blechlawine. Weiter geht’s. Bis zum nächsten Halt. Für die Strecke Stuttgart – Berlin brauche ich an diesem Sommertag neun Stunden. In Thüringen habe ich die Nase voll. Ich biege auf der

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Wenzel, die Wärmepumpe

Wenzel – wer? Um ehrlich zu sein. Ich kannte nur seinen Namen, mehr nicht. Das war ein Fehler. Der Mann hat über 500 Lieder geschrieben. Liebes-Lieder, Balladen, bitterböse Satiren und manchmal auch derbe Sauf- und Rauflieder. „Hans-Eckardt Wenzel ist ein deutscher Liedermacher, autodidaktischer Multiinstrumentalist, Autor, Regisseur und Komponist. Auf Plakaten, Alben und Konzertankündigungen verwendet er ausschließlich seinen Nachnamen Wenzel als seinen Künstlernamen“, teilt Wikipedia mit. Nun ist Wenzel siebzig geworden. Ein Grund zum Feiern. Und eine Möglichkeit, Wenzel endlich kennenzulernen. „Glaubt nie, was ich singe“, heißt eines seiner fünfzig Alben. Ja, es lohnt sich.     Wenzel sieht sich gerne in der Rolle des Narren. Er nimmt sich auf dem

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Raus aus der Blase

„Sind Sie Millionär? Was verdient man als Journalist? Wie sind Sie zum ZDF gekommen? Welche Stars waren zickig? Haben Sie Alice Weidel interviewt?“. Fragen von 15- bis 18-Jährigen an mich. Seit einigen Jahren bin ich als eine Art Handlungsreisender in Sachen Medien und Journalismus unterwegs. Ohne Köfferchen, ohne kostenlose Probepäckchen, nur mit einem USB-Stick und der Freude vor Ort, meine Berufserfahrungen zu teilen. Oder auszutauschen. Journalismus macht Schule, so heißt das Projekt seit 2019. Eine Erfolgsgeschichte. Seit meinem Ruhestand vor genau einem Jahr ist mein Radius deutlich kleiner geworden. Kein TV-Millionenpublikum mehr. Keine Promis. Keine großen Reisen. Statt New York, Prag oder Paris, nun also Finsterwalde, Groß-Köris, Hoyerswerda. Laubusch. Wandlitz.

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„Die Wahrheit wird Euch freimachen“

Mein Herz klopft doppelt so schnell. Wir verlassen den George Washington Parkway an der Abfahrt Langley. Die Straße mündet plötzlich in einem gigantischen Checkpoint mit zahllosen Fahrspuren und Kontrollhäuschen. Es ist im Herbst 1998. Wir sind am Hauptquartier der CIA angekommen. Hier residiert der mächtigste Geheimdienst der Welt. Unser Mietwagen wird von einem Wachposten sofort zur Seite gewunken. In herrischem Ton fragt er: Wer sind Sie? Was wollen Sie hier? Haben Sie eine Erlaubnis? Ende einer Dienstfahrt. Schlusspunkt eines Versuchs mit der CIA, direkten Kontakt aufzunehmen. Zugegeben: es war natürlich naiv. Aber ich wollte für eine ZDF-Reportage herausfinden, ob wir die Rosenholz-Akten einsehen können. Oder wenigstens mit jemandem darüber reden.

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