Category : aktuelles

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Nur für Verliebte

Das märkische Rheinsberg. Ein Spätsommer-Wochenende im Jahre 1911. Claire und Wolf fliehen vor dem Lärm ihres täglichen Lebens aus der großen Stadt Berlin. Sie turteln im fritzischen Provinzstädtchen, genießen das Glück ihrer frischen Liebe. Die Anfang Zwanzigjährigen streifen durch Schloss und Park, rudern hinaus, kuscheln auf der Wiese und staunen abends im Wirtshaus über Stummfilme. Ein junges Paar und drei Tage reinen Glücks. „Das Schloss leuchtete weiß, violett funkelten die Fensterscheiben in hellem Rahmen, von staubigen Lichtern rosig betupft, alles spiegelte sich im glatten Wasser.“ Ein Jahr später, 1912. Das Kaiserreich feiert den 200. Geburtstag des großen Friedrich, genannt der Alte Fritz. Als junger Friedrich verlebt dieser gleichfalls in Rheinsberg

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Gehirnjogging

Wenn nichts mehr geht, hilft Bewegung. Raus an die frische Luft. Gehen genügt. Es heißt doch Ge-Danke. Geh! Danke! Oder eben Gedanke. Wenn mein Gehirn zu joggen beginnt, rattern Worte los wie Wut, Entsetzen, Fassungslosigkeit, Krieg, Gewalt und Rückkehr ins Mittelalter. In Gottes Namen werden furchtbarste Verbrechen begangen. „Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, dessen Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Furcht gequält, nicht zerrissen in sinnlose Trennung nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung.“ Diesen wunderbaren Gedanken in Form eines Gebets verfasste 1942 der US-amerikanische Dichter Stephen Vincent Benét. Da stand die Welt

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Trost

Wer schaut nicht manchmal verträumt in den Sternenhimmel? Wer sucht dort nicht nach Erleuchtung, Sinn und Hoffnung? Alles Hokuspokus, kontern Realisten. Aber wenn wir nicht mehr nach einem Sinn suchen, dann ist unsere Hoffnung auf ein friedliches Zusammenleben endgültig begraben. Es gibt Bilder, die strahlen. Bilder, die verzaubern und unsere Sehnsucht wecken. Caspar David Friedrich ist darin ein Meister. Er hat das gewisse Etwas, dieser urdeutsche Romantiker. Samuel Beckett nannte seine Werke die „einzig erträgliche Form der Romantik“. Walt Disney verkitschte seine Zeichentrick-Bambis im Caspar David Friedrich-Look. Nur Goethe konnte mit dem Maler aus Greifswald nichts anfangen. 1810 besuchte der Großdichter den Zeitgenossen Friedrich in seinem Dresdner Atelier. Der Dichter

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Liebesgrüße aus Russland

Seit mehr als drei Jahrzehnten reist der Potsdamer Frank Gaudlitz nach Russland. Im Gepäck: anfangs ein analoger Kleinbildapparat, später eine moderne Digitalkamera. Das Riesenreich hat den Fotografen nie losgelassen, berichtet er, dessen Alltag, spröder Charme und schleichender Verfall. Etappen des stürmischen Wandel hält er seit den späten Achtzigern mit seiner Kamera fest. Von Schwarz-Weiß bis Farbe. Gaudlitz fasziniert „die Weite des Landes, die das Schwere, das Tiefe hervorbringt.“ Und: „Es sind tolle, warmherzige Menschen“. Er schätzt das Land von Dostojewski, Gorki und Tschechow. Er weiß genau, dass es das Land der kleinen Leute ist, aber auch  der neureichen Oligarchen und Tschekisten mit Putin an der Spitze. Seine beeindruckenden Momentaufnahmen sind

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Kain und Abel

Nicht zu ertragen. Im Namen Gottes werden Menschen gequält, gefoltert, gefangengenommen, abgeschlachtet. Wie einst SS-Einsatzgruppen metzeln schwarzuniformierte Isadin-al-Kassam-Brigaden Juden nieder. Weltweit verbreitet mit Hilfe unzähliger Body- Handy- oder Dashcams. Ein stundenlanges Massaker am frühen Sabbat-Morgen des 7. Oktober 2023. Auf Straßen, in Kibbuzen, bei einem alternativen Nova-Festival. Dort hatten sich junge Menschen zum israelischen Wüsten-Rave „Sukkot Gathering“ getroffen, um bei Yoga, Goa-, Psy- und Trance-Techno in eine „Reise der Einheit und Liebe einzutauchen. An einem neuen und spektakulären Ort, der die beste Musik der Welt, außergewöhnliche und vielseitige künstlerische Darbietungen und viele andere atemberaubende Inhalte kombiniert“, so der Einladungstext. Für 260 junge Menschen wurde das Nova-Fest eine Reise in den

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Typisch Berlin

Rotz an der Backe? Na, und! Was soll´s? – Wirklich große Städte haben ihre eigenen Gesetze. Die Melodie lautet: Anonymität, Massen, Tempo, Vielvölkergemisch. Es ist bunt, laut, schmutzig. Was geht? Große Klappe, schräge Typen, merkwürdige Gestalten. Ein Käfig voller Narren: Außenseiter, Glückssucher, Selbstdarsteller. Der Bühnenvorhang öffnet sich jeden Tag. Die hektische Metropole mitten in der märkischen Streusandbüchse pflegt seit einem Jahrhundert, seit den schmutzig-goldenen Zwanzigern den Mythos von Babylon Berlin. Die Stadt an der Spree spült die besten und die schlimmsten Seiten der Menschheit nach oben. Freiheit und Toleranz vs. Respektlosigkeit und Gleichgültigkeit. Wer regiert die Stadt? Die politische Elite? Lobbyisten? Springers Bild? Oder die Woken, der rot-grüne Latte Macchiato-Mittelstand?

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Neue Wege

Es war ein 14. Mai. Mein Geburtstag. Doch als Rotterdam 1940 in Schutt und Asche gelegt wurde, war ich noch lange nicht auf der Welt. Erst achtzehn Jahre später sollte es so weit sein. Da waren die Trümmer von Rotterdam längst beiseite geräumt. Viele Städte in Europa erlitten das gleiche Schicksal. Dresden zum Beispiel im Februar 1945, oder Berlin. Der Krieg kehrte dorthin zurück, wo er angezettelt wurde. 1945 bauten die Holländer ihre zerstörte Stadt an der Maas wieder auf. Im Zentrum Rotterdams blieb nur die Ruine der Laurenzkirche (Laurenskirk) stehen. Verloren zeugte sie von einer gigantischen Zerstörungsorgie. Die Deutschen hatten Rotterdam in Grund und Boden bombardiert, um die Kapitulation

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Wir sind Weltmeister

Acht Spiele, acht Siege. Ein deutsches Team ist zum ersten Mal Weltmeister. Kein hochbezahltes DFB-Fußball-Team. Weder Herren noch Damen. Keine Handballer, keine Leichtathleten, die ohne eine einzige Medaille bei der letzten WM blieben. Es ist eine deutsche Randgruppensportart: Basketball. Früher nur in Uni-Städten oder US-Stützpunkten gespielt. Die Vorbilder kamen aus den dem früheren Jugoslawien oder – ganz klar – aus den USA. Jetzt hat eine deutsche Auswahl die Lehrmeister des Sports besiegt. Erst gewannen die Deutschen gegen die USA, dann im Finale gegen Serbien. Eine Sensation, melden die Medien, die bis zum WM-Titel die Erfolge der Korbjäger konsequent ignoriert hatten. So läuft das Geschäft. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.

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Ach, lass liegen!

Aufräumen, To-do-Listen abarbeiten, Lästiges erledigen. Oh, Gott! Ordnung ist das halbe Leben, sagt der Volksmund. Über die andere Hälfte hat sich Nele Pollatschek  Gedanken gemacht. Die streitbare und talentierte Journalistin beschäftigt sich in ihrem neuen Buch „Kleine Probleme“ mit der Last des ständigen Aufschiebens. Wer kennt das nicht?  Im Mittelpunkt steht ein 49-jähriger Lars. Durchschnittstyp, verheiratet, eine Tochter. Der Vorstadt-Schluffi hat – genau genommen – nur YouTube studiert. Er ist keine Trans, kein cooler, queerer Zeitgenosse. Er ist eine Stimme, die schon lange nicht mehr gehört wird. Auch Lars sucht den Weltrettungsknopf, träumt von einer Karriere als Bestsellerautor oder wenn es dazu nicht reicht, wenigstens vom Aufstieg zum Homeshopping-Milliardär.  

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Wolfskinder

Es ist seine 66. Tour nach Litauen. Mit seinem privaten Skoda und vollbepacktem Anhänger zuckelt der 81-jährige Günter Toepfer zu seinen „Wolfskindern“. Es ist eine weite, beschwerliche Reise ins ehemalige Memelland, im heutigen Litauen. Der Berliner Ingenieur hält seit einem Vierteljahrhundert an seiner Hilfs-Mission fest: Er kümmert sich um die letzten Überlebenden. Er will, dass die deutschen Kriegskinder von 1945 nicht vergessen werden. Heute leben noch zwei Dutzend der einst 7.000 Waisenkinder aus Ostpreußen. Kinder, die zwischen alle Fronten gerieten. Die Bundesrepublik konnte sich erst im Jahre 2017 zu einer einmaligen Entschädigung von 2.500 Euro pro Person durchringen. Ein privater Förderverein um den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Frhr. v. Stetten finanziert

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