Category : aktuelles

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Mein anderes Amerika

Es gibt sie noch: gute Nachrichten aus den Vereinigten Staaten. Ende Juni 2025 bringt Bruce Springsteen einen Riesen-Schwung seiner Lost Songs heraus. Allesamt unveröffentlichte Lieder aus seinen persönlichen Archiven und Kellern. Auf einen Schlag kommen 83 bisher ungehörte Songs aus fast vierzig Jahren auf den Markt. Sie stammen aus der Zeit von 1983 bis 2018. Mit „Rain In The River“ spendiert der „Boss“ zusätzlich einen neuen Song. Ein gerade vorab veröffentlichtes Lied aus dem Jahr 1994 heißt Blind Spot. Der Text könnte aktueller nicht sein: „Everybody’s got a blind spot, that brings ‚em down/ Everybody’s got a blind spot, they can’t get around.“     „Jeder hat einen blinden Fleck,

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Die erste große Liebe der Eva Braun

Im Herbst 1944 verliebt sich die vierzehnjährige Eva Braun in den zwei Jahre ältere Hans-Georg Deichmann. „Hansi“ genannt. Eine Jugendliebe im märkischen Kleinstädtchen Neuruppin. Die beiden lesen gemeinsam Rilke. Sie tauschen Goethe-Zitate aus. Zum Beispiel das „Mailied“: „Wie herrlich leuchtet mir die Natur!“ Doch die raue Wirklichkeit holt sie unerbittlich ein. Der von Hitler entfesselte Weltkrieg rückt immer näher. In den letzten Kriegsmonaten meldet sich Hans-Georg Deichmann an die Front – freiwillig. Am 6. April 1945 schreibt Hansi als „Scharführer“ diesen Feldpostbrief an „Fräulein Eva Braun“ in Neuruppin, Prinzenstr. 2: „Liebes Evchen, Du fehlst mir sehr, Eva. Wie sehr würde ich gerne wieder mit Dir spazieren gehen. (…) Die Lage

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Willkommen in der „Sperma-Lotterie“

Ist jeder seines Glückes Schmied? Ist Leistung Voraussetzung für Erfolg, Reichtum und Wohlergehen. Nein, andere Faktoren sind entscheidend. Hilfreich ist ein Sechser im Lotto. Noch besser aber ist ein Hauptgewinn in der „Sperma-Lotterie“. Das bedeutet das Glück der privilegierten Geburt. Die 34-jährige Ungleichheitsforscherin Martyna Linartas spricht vom Glück in der Erbengesellschaft, die richtigen Eltern zu haben. In der Regel sind das die Väter. Deutsche Millionäre sind im Durchschnitt 94% westdeutsch, 86% weiß, 77% über fünfzig Jahre alt und zu 69% männlich. Davon profitieren die Erbenkinder von Heilbronn bis Hildesheim. Martynas Grundthese: Die bundesdeutsche Leistungsgesellschaft hat sich längst in eine Erbengesellschaft verwandelt. Der materielle Reichtum wird in den Familien vererbt. Wer

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Die Geister, die er rief…

Als ein guter Freund sechzig wurde, tauchte ein Überraschungsgast als Geburtstagsgeschenk auf. Ganz in Schwarz gekleidet setzte sich ein junger Mann mit strubbeligen Haaren an den Flügel und legte los. Wow! Es war ein Hammer. Mehr noch: Der Höhepunkt des Abends. Von zarten, verspielten Tönen bis zu kräftigen Klangfolgen wie ein Sommergewitter. Der Name des Mannes an den Tasten: Michael Wollny. Mittlerweile ist mein Freund fast siebzig und Michael Wollny längst ein Star. Er gilt als einer der wichtigsten europäischen Jazzmusiker seiner Generation. Die Süddeutsche Zeitung nennt ihn einen Musiker, der „aus jeder nur erdenklichen Musik ein Erlebnis machen kann, das einem den Atem nimmt“. Für die FAZ ist er

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Unser täglich Brot

April 1945: „Es ist Frühling, so etwas wie Freude liegt in der Luft. Die ersten Blumen streckten vorwitzig ihre Köpfe hervor“, notiert der französische KZ-Häftling Yves Béon. Die Berliner Journalistin Ruth Andreas-Friedrich schreibt vor genau achtzig Jahren: „Bis in die letzte Dachkammer soll der Widerstand fortgesetzt werden. Wofür? Damit Herr Hitler sich noch eine Woche länger am Leben hält. Damit Herr Göring seinen Fettbauch weiter mit Gänseleber vollstopft.“  Seit Anfang April wird in Berlin Brot offiziell nur noch mit Hilfe von Sondermarken durch NS-Dienststellen verteilt. Die „Abteilung Wehrmachtspropaganda des Oberkommandos der Wehrmacht“ bemerkt: „Große Missstimmung herrscht in der Bevölkerung der Vororte, die keine Sonderbrotzuteilung erhalten“. Statt Brot gibt es Bomben

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Von guten und bösen Mächten

Haben wir noch Vorbilder, denen wir vertrauen? Heldinnen und Helden? – Na, klar. Einfach mal genauer hinschauen. Vielleicht in der Notaufnahme, im Freundeskreis oder in der Nachbarschaft. Ja, aber es stimmt: In unserer TikTok-Talkshow-Demokratie mit ihren Eintagsfliegen und Dauererklärern fällt die Wahl schwer. Ach, und das aktuelle Führungspersonal von Erdogan über Trump bis Putin? Eine einzige Katastrophe. Heutzutage gibt nur noch wenige Lichtgestalten, auf die sich Menschen verständigen können: Ja, Sophie Scholl von der Weißen Rose, Martin Luther King Jr., Nelson Mandela oder Dietrich Bonhoeffer.     Genau: Dietrich Bonhoeffer, dieser protestantische Pastor mit der randlosen Brille aus großbürgerlichem Hause. Dieser mutiger Mann der Bekennenden Kirche, klar und unbeugsam im

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Über 20.000 Brücken

Willkommen in Berlin. Die A100 zählt mit bis zu 230.000 Fahrzeugen am Tag zu den am stärksten befahrenen Autobahnen Deutschlands. Ausgerechnet das Dreieck Funkturm, das Nadelöhr der Stadt, ist seit einer Woche gesperrt. An diesem Knotenpunkt treffen sich die beiden Pulsadern Avus und Berliner Innenstadt-Ring. Nun ist Schluss. Für mindestens zwei Jahre. Die zentrale 240 Meter lange Brücke aus dem Jahre 1963 ist fix und fertig. Aus. Vorbei. Feierabend. Der Grund: immer größere Risse am Tragwerk. Daher Vollsperrung, der Abriss ist unvermeidbar. Auch die kurz darauf folgende 500 Meter lange Westendbrücke, gleichfalls aus Spannbeton, ist ein kompletter Sanierungsfall. Offiziell heißt das: „Tragfähigkeitsdefizite“. Ein Sprecher: „Wir waren gezwungen, aus Sicherheitsgründen zu handeln.“

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„Der Autor meines Lebens“

Ein bekannter Schauspieler trifft einen verkannten Schriftsteller. Charly Hübner auf den Spuren von Uwe Johnson. Uwe wer? Hübner hat mit seinem kleinen 125-seitigen Text „Wenn du wüsstest, was ich weiß“ eine große Liebeserklärung an den Schriftsteller Uwe Johnson (1934-1984) verfasst. Er ist der „Autor meines Lebens“, notiert Hübner, einer der beliebtesten Schauspieler Deutschlands, „weil er in einem Kindheitstraum von mir sehr nahe kommt: die Idee einer Maschine, die den ganzen Strom des Denkens, den Lauf der Dinge und des Lebens festhält, niederschreibt, markiert.“ Johnson sei „ein Kind und Narr“. Charly Hübner schwärmt in vollen Zügen: „Weltliteratur aus der Heimat also? Das war neu. Das war unglaubwürdig. Das war wirklich cool.“

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„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne“

Mai 1945. Der Krieg ist vorbei. Das Land zerstört. Die Nazis verschwunden. Die Reichshauptstadt ein Trümmerhaufen. Jedes dritte Gebäude zerstört oder schwer beschädigt. Alles ist knapp: Wasser, Strom, Lebensmittel und Hoffnung auf einen Neuanfang. „In diesem Sommer 45 ist nichts mehr, wie es war“, schreibt Bestsellerautor Oliver Hilmes. Mit der sogenannten Stunde Null entwickelt sich eine Zeit der Extreme. Zwischen Glück und Hoffnung der Befreiten, zwischen Elend und Enttäuschung der Besiegten. Hilmes erzählt in seinem neuen Buch „Ein Ende und ein Anfang“ Anekdoten und Geschichten aus den ersten Nachkriegsmonaten von Mai bis September 1945. Gab es den berühmten Zauber des Anfangs?     Sommer 45: Für die allermeisten heißt es:

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Des Meisters Vorbild

Er ist 24 Jahre alt. Komplett unbekannt. Ein Provinzjunge aus Minnesota. Lockenkopf, Klampfe, Mundharmonika, eigene Texte. Sein Wunsch: die Welt mit seinen Songs zu beeindrucken. Bob Dylan als Rolling Stone in New York. Das ist die Geschichte der neuen Kino-Biografie „A complete Unknown“ mit Tinotheé Chalamet in der Hauptrolle als junger Folk-Musiker. Es geht um Dylans erste Jahre in New York bis zum großen Auftritt beim legendären Newport-Festival 1965. Gegen den Rat der Altvorderen wie Pete Seeger trat der Newcomer mit elektrischer Gitarre auf. So performte der junge Dylan elektrisch verstärkt seine Folk-Songs – und wurde weltberühmt: „Like a Rolling Stone“. Es hagelte später Judas-Rufe. Bobs Antwort zur Band: „Play

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