Category : aktuelles

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Auf ein Neues

Es ist für die meisten von uns üblich, zu reisen. Weit weg. Unterwegs zu sein. Rund um den Globus. In ferne Länder, auf andere Kontinente, bis ans Ende der Welt. Es gehört für viele zum Standard, ständig neue Orte, Menschen und Kulturen kennenzulernen. Die letzte Zeit hat uns gelehrt, dass plötzlich alles sehr anders sein kann. Angehaltene Zeit. Ruheloser Stillstand. Nun sehen wir jeden Tag immer wieder dieselben Menschen, Straßen, Plätze und Orte. Die Pandemie hat unseren Radius verkleinert.  Wenn es uns gelingt, diese vertrauten Menschen, Straßen und Häuser auf eine neue Weise zu entdecken, schreibt der norwegische Autor Tomas Espedal, ist dieser veränderte Blick eine ganz neue Art derselbe

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Schau mal

Sie reist gerne. Ein Notizblock ist immer dabei. Was ihr unterwegs auffällt, zeichnet sie. Es sind erste Eindrücke und Ideen, die zu Skizzen oder Entwürfen werden. Manche Anregungen werden zu eigenständigen Werken, die meisten landen im Papierkorb. Die Malerin Cornelia Schleime schaut ganz genau hin. Aus ihren Begegnungen werden Bilder, die eine eigene Sprache sprechen. Porträts vor allem. Ihre Bilder sind ein Akt der Verlangsamung. So kann sie festhalten, was sie wirklich spannend oder aufregend findet. Ihre Frauen sind Spiegel einer überreizten und vergnügungssüchtigen gleichwohl erschöpften wie gelangweilten Gesellschaft. Kann eine Künstlerin mit 68 Jahren noch Punk sein? Cornelia Schleime: „Warum nicht? Ich habe mir meine Wut erhalten.“    

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„Meine ersten 100 Jahre“

Vor kurzem war ein weitgereister, älterer Herr zu Besuch in Wien, in seiner Geburtsstadt. Georg Stefan Troller. Autor, Filmemacher und Weltbürger mit amerikanischem Pass und Wohnsitz in Paris. Sein neues Buch wollte er persönlich vorstellen, das ließ er sich nicht nehmen. Titel: „Meine ersten 100 Jahre“. Natürlich wurde er sofort gefragt, wie sich denn die heutigen Zwanziger Jahre anfühlen. Troller: „Da ich die alten Zwanziger und Dreißiger erlebt habe, bin ich persönlich etwas pessimistisch”, sagte er. “Es kommt wieder eine Zeit, in der die Leute lieber glauben wollen als wissen, sich lieber einer schönen Illusion anheimgeben, als sich der miesen Realität zu stellen.”     Miese Realität und schöne Illusionen.

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Zauber des Anfangs

„Ich bin ein Mädchen. Ein Baum in der Sonne. Eine Blume aus dem Himmel. Ich bin eine Botschafterin aus dem Land der Hoffnung. Ein Vogel, der immer singen wird. Ich stehe auf gegen Unterdrückung.“ So heißt der Refrain in einem afghanischen Kinderlied über einen Neuanfang nach Krieg, Chaos und Zerstörung. Es wird nicht mehr gesungen. Der Kinderchor des „Afghanistan National Institute of Music“ ist seit August 2021 verstummt. Wo man singt, da lass dich nieder. Böse Menschen kennen keine Lieder. So lautet ein deutsches Sprichwort. Doch wer braucht nicht etwas, was einen trägt? Es kann ein Lied sein, das uns Menschenkindern hilft, über uns selbst hinauszuwachsen. Oder eine Idee. Oder

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Ein weites Feld

Buchhändler Kaspar hat eine Menge erreicht. Er hat seinen Traumjob, ist an der Welt interessiert und wähnt sich in der Regel auf der richtigen Seite. Nur mit seiner Frau, da läuft alles schief. Seine erste große Liebe stirbt früh, an Alkohol, Kummer und Verzweiflung. Die Frau, die der Mann aus dem rheinischen Westen im Osten kennengelernt hatte. Auf dem Bebelplatz in Berlin-Mitte, während eines FDJ-Treffens in den Sechzigern. Birgit, so heißt sie in Bernhard Schlinks neuem Buch „Die Enkelin“, ist strahlend, schlagfertig, einfach anders als die anderen. Nicht ideologisch borniert, sondern offen und neugierig. Er organisiert einen Fluchthelfer. Sie lässt die DDR zurück und ihre Tochter. Das verschweigt sie bis

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„Drei-Treppen-hoch-Leute“

Eine schöne Wohnung. Hell, geräumig, bezahlbar. Mitten in Berlin. Am besten mit Dachterrasse. Blick auf Fernsehturm, Park und Spree. In der verkehrsberuhigten, begrünten Straße Kneipe, Club und in der Nähe einen gepflegten Italiener. Dazu nette Nachbarn. Hausfeste. Stets ein Parkplatz vor der Tür. Wenn´s sein soll, Nightlife – bis der Arzt kommt. Wer will das nicht? Alles eine Frage des Portemonnaies. Wer zahlungskräftig ist, kann in der Hauptstadt eine Menge haben. Der Boom will nicht enden. Wer nicht mithalten kann, hat Pech gehabt. Alles neu? Von wegen. Geschichte wiederholt sich.   Der Mann – ein renommierter Dichter, aber knapp bei Kasse – ist Anfang fünfzig, im besten Alter. Frau, vier

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Wenn der Schuh drückt

Es riecht nach Leder und nach frischem Kleber. Endlich geschafft! Ein Schuster, der noch besohlt. Mittlerweile sind Handwerker gefragt wie eine bezahlbare Wohnung in der Innenstadt. Schuhmacher sind mindestens so begehrt wie faire Vermieter. Schnaufend erbarmt sich Meister Luschanski aus dem hinteren Teil seiner kleinen Werkstatt in den Verkaufsraum. Mit Kennerblick zieht er seine buschigen Augenbrauen kraus, als er meine desolaten Treter auf dem Ladentisch begutachtet. Es ist ein dänischer Markenschuh, keine Billigware. Er ist mir an den Fuß gewachsen. Ich will mich nicht trennen. Die Gummi-Sohle hat sich an der Schuhspitze aufgerollt. Akute Solpergefahr. Mmh, meint der Meister. „Alles Plastik! Keine Qualität. Das hält höchstens drei, vier Jahre.“ –

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Wünsch Dir was

Die Landstraße wird schmaler, die Wiesen werden weiter. Kraniche ziehen am Himmel vorbei. Irgendwann hinter abgeernteten Kornfeldern taucht das unscheinbare Lögow auf. Ein kleines märkisches Dorf im Nordwesten Brandenburgs zwischen Neuruppin und Kyritz. Eine gute Autostunde von Berlin entfernt. Am Dorfanger neben der Feldsteinkirche steht ein langgezogenes, geducktes Haus. Knapp 350 Jahre ist es alt, jedoch frisch und hübsch renoviert. An einem der Fenster zur stillen Schulstraße Nummer 2 hängt ein kleines Schild. Dorfkino Lögow. Hereinspaziert! Im alten Klassenzimmer der ehemaligen Schule laufen neue Filme aus aller Welt.  In Lögow befindet sich das kleinste Kino Brandenburgs. Ein Kleinod mit Katze, Glockenläuten der Kirche von nebenan, 16 Plätzen auf gepolsterten Kinositzen

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Die Kunst des Verhüllens

Paris genießt in diesen Tagen Christos letztes Werk: die Verhüllung des Arc de Triomphe. Seit 1962 wollte der Künstler das Nationalheiligtum im Herzen der Stadt verpacken. Erst kurz vor Christos Tod im Mai 2020 gab Präsident Macron grünes Licht. Im zweiten und letzten Teil einer Annäherung an den bulgarischen Aktions- und Performancekünstler, der mit seiner französischen Frau Jeanne-Claude die Kunstwelt umkrempelte, soll an den Sommer 1995 erinnert werden. Als die Deutschen einmal beschlossen, für genau vierzehn Tage ein glückliches Volk zu werden. Als sich der mächtige, damals leerstehende Berliner Reichstag in ein leichtes, schwebendes Gebäude verwandelte. Als dieser geschichtsträchtige Klotz an der einstigen Mauer verhüllt wurde, um Neues zu enthüllen.

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Wen wählen?

Das beste Argument gegen die Demokratie ist ein fünfminütiges Gespräch mit einem durchschnittlichen Wähler, brummte einmal der konservative Winston Churchill über die Tücken von Wahlen. Und heute? Fast vierzig Parteien stehen demnächst auf dem Zettel. Eine Vielfalt, die alles verspricht. Sie heißen Liebe, Demokratie in Bewegung, V-Partei für Veränderung, Vegetarier und Veganer, Gartenpartei, Tierschutzpartei, Die Urbane HiphopPartei, Bürgerbewegung für Fortschritt und Wandel, Die Pinken, Der Dritte Weg oder Menschliche Partei für das Wohl und Glücklichsein aller. Das Blaue vom Himmel und ewiger Jahrmarkt auf Erden verheißen die Programme. Natürlich stehen die Etablierten ganz oben auf der Liste. Von CDU, SPD, FDP, Grüne, AfD bis Linke. Aber wen wählen?    

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