Category : aktuelles

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Liebling Kreuzberg

Eine kleine Gruppe versammelt sich in Riehmers Hofgarten. Im Vorzeige-Kreuzberg. Es gibt drei Reden. Es spricht der Kultursenator, der Sponsor und der Biograf. Danach schreitet die kleine Schar zum Ort des Geschehens. Hauseingang Hagelbergerstraße 10c, gut geschützt vom Lärm der Großstadt. Die Witwe enthüllt eine Tafel, auf der steht: „Hier wohnte von 1980 bis 1994 Jurek Becker. Drehbuchautor, freier Schriftsteller“. Die Umstehenden applaudieren, stoßen mit Sekt an. Wer? Jurek Becker! Die neue Kreuzberger Tafel hilft. Sie berichtet von „Jakob der Lügner“ und „Liebling Kreuzberg“. Das eine war ein Welterfolg, verfilmt in der DDR und für den Oskar nominiert. Das andere war eine erfolgreiche Fernsehserie. Manfred Krug als kauziger Anwalt, der

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Früchte des Zorns

Tom Joad ist einer von vielen. Der Farmer versucht seine Familie durchzubringen. Doch die Dürre drückt seine Erträge. Die Bank fordert Schuldzinsen, der Grundbesitzer die Pacht. Irgendwann geht es nicht mehr. Die Familie verliert ihr Land an die Bank. Auf einem Handzettel wird gut bezahlte Arbeit im Westen angeboten. Die Rettung? Tom Joad lädt seine ganze Familie auf einen schrottreifen LKW. Großeltern, Onkel, Söhne, schwangere Tochter, ihren Mann, deren Kinder und einen mittellosen Wanderprediger. Der Treck startet in Oklahoma. Immer weiter kämpfen sie sich durch Sandstürme Richtung Gelobtes Land. Während der beschwerlichen Reise sterben die Großeltern. Die Joads gehören zu den vielen Hundertausend US-Bürgern, die statt der goldenen Freiheit von

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Wiederholt sich alles?

Es war ein kühler Montag im Februar. Im neuen Museum für Flucht, Vertreibung und Versöhnung am Berliner Anhalter Bahnhof stellt die Journalistin Christiane Hoffmann ihre berührende Vater-Tochter-Geschichte vor. Die stellvertretende Regierungssprecherin berichtet über die Flucht ihres Vaters. Er hatte sich als kleiner Junge mit der Familie in einem schlesischen Dorf zu Fuß auf den Weg gen Westen gemacht, um der vorrückenden Roten Armee zu entkommen. Christiane Hoffmann folgt dem Fluchtweg ihres Vaters – zu Fuß. Das Nachwandern ist Basis für Begegnungen, die aufzeigen, wie tief sich der II. Weltkrieg bis heute in die Seelen der Menschen in der Ukraine, Polen, Tschechischen Republik und bei uns eingegraben hat. Ich hatte Gänsehaut!

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Sie kam aus Fürth

Natascha Wodin. Ihr Leben ist ein Roman. 1945 als Flüchtlingskind im fränkischen Fürth geboren. Vater Russe, Mutter Ukrainerin. Wie Millionen andere Zwangsarbeiter nach Hitler-Deutschland verschleppt. Nataschas Mutter schuftete in einem der 35.000 Zwangsarbeiterlager. Sie musste Granaten drehen.  Nach dem Krieg wurden sie nicht mehr gebraucht, in der Sowjetunion als „Kollaborateurin des Kriegsfeindes, als Hure der Deutschen“ beschimpft. 1956 ertränkte sich Nataschas Mutter in einem Fluss, „rechtlos, perspektivlos, zerstört von den Gewalten, in deren Mahlwerk ihr Leben geraten war“. Dieses Schicksal schildert Wodin in ihrem erschütternden Roman und Bestseller „Sie kam aus Mariupol“. Heute ist Natascha Wodin 76 Jahre alt. Und Mariupol wieder umkämpftes Kriegsgebiet.     Die ersten fünf Jahre

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Breaking the Silence

Vor genau einem Jahr musste sich das Zohra-Frauenorchester in Kabul zurückziehen. Die Musikschule wurde geschlossen. „Ein Leben ohne Musik? Sinnlos“, sagt Zarifa Adiba. Die junge Dirigentin musste sofort flüchten, als die Taliban im August 2021 das Afghanische Nationalinstitut für Musik (ANIM) schlossen. Eine einzigartige Erfolgsgeschichte fand ein abruptes Ende. Wir berichteten im heute journal. Heute befindet sich in den Räumen der Musikschule die Kommandozentrale des Haqqani-Netzwerks. Das ist eine Organisation, die für die Sicherheit des neuen Regimes zuständig ist. Kurz vor Weihnachten letzten Jahres konnten 273 junge Musik-Schülerinnen und Schüler über eine Zwischenstation in Doha/Katar nach Portugal ausgeflogen werden. Afghanistans einzige Musikschule wurde gerettet und ist seitdem im Exil. Symphony

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Der Überraschungsgast

Sie sitzt auf einem goldenen Stuhl. Eine weiße alte Frau mit Hut und Sonnenbrille. Die Hände konzentriert auf den Armlehnen. Das Klavier setzt ein, die 78-jährige Joni Mitchell wartet auf ihren Einsatz. Dann beginnt sie behutsam das Lied ihres Lebens zu singen. „Rows and flows of angel hair/And ice cream castles in the air/And feather canyons everywhere/Looked at clouds that way… Ein Gänsehaut-Moment. So schön, so klar, so würdevoll. Auch wenn nicht mehr jeder Ton sitzt, die große Dame des Folk ist wieder da. Völlig überraschend, nach langer, lebensgefährlicher Erkrankung an einem Aneurysma. Joni Mitchell zelebriert ihren Song live auf dem legendären Newport Folk Festival. „Both sides now“, ihre melancholisch-optimistische

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Der Salz-Fluss

Wer sich der Werra in der Mitte Deutschlands nähert, wundert sich. Auf den ersten Blick überrascht der Fluss mit reiner Idylle. Am Ufer tummeln sich Enten, sogar ein Fischreiher verharrt an den braunen Fluten. Beute machen kann er nicht. Der Reiher hat gelernt, dass in der Werra außer Salzkrebsen nichts zu holen ist. Die Werra ist „der salzigste Fluss Europas“. Die Einheit hat daran nichts geändert. Die Werra ist ein Fluss, der nicht mehr zufriert, „salziger als die Nordsee“. 1976 erreichte die Chlorid-Konzentration mit 40.000 mg/l ihren traurigen Höhepunkt. Nach Stilllegung der DDR-Kaliwerke in Merkers und Bischofferode sank die Belastung auf mittlerweile rund 2.500 mg/l. Der zulässige EU-Grenzwert liegt bei

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Viva Santana

Anfang Juli klappte der 75-jährige Musiker einfach zusammen. Mitten im Stück ungefähr nach vierzig Minuten seines Auftritts im Pine Knob Music Theatre in der Nähe von Detroit. „Latin Rock-Legende Carlos Santana ist während eines Konzerts zusammengebrochen“, meldeten die Agenturen. Er habe zu wenig getrunken, hieß es, sei dehydriert. Mittlerweile gehe es ihm wieder gut. Seine Segen und Wunder-Tour 2022 musste unterbrochen werden. Wer in seinen Tourneeplan schaut, wundert sich in der Tat, was der 75jährige Gitarrist leistet. Auf der Bühne bis zum letzten Akkord? Liegt es in seinen Genen? Santana stammt aus einer Musikerfamilie. Geboren und aufgewachsen in Mexiko, lernt er bei seinem Vater zunächst Geige.     Als seine Eltern 1960

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Stimmwunder

Als ich neulich ihre Stimme im Radio hörte, war ich hin und weg. Ein kurzer Live-Auftritt abends, unplugged. Die Stimme hell und klar, ausdrucksvoll, mit großer Bandbreite. Erster Eindruck: Auffallend anders, die Frau kann famos singen und hat mit ihren Texten auch noch etwas zu sagen. Als ich ihren Namen hörte, machte es Klick. Katharina Franck. Da war doch was? Richtig! Die Rainbirds. Eine Berliner Kultband. Unverwechselbarer Gitarrensound. Die Achtziger vor Augen suchte ich im Netz ihren größten Hit: Blueprint. Ihr Durchbruch. Wie Phoenix aus der Asche der ausgebrannten Neuen Deutschen Welle stieg die Band im Herbst 1987 empor. Eine halbe Million verkaufte Alben, lese ich nach, Goldene Schallplatte und

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„Ich bin der Waffenhändler der Ukraine“

Update: Am 9. Juli 2022 entließ der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij mit dem Dekret 479/2022 Botschafter Andrij Melnyk. Dies sein ein normaler Vorgang. Der Mann ist seit Monaten in aller Munde. Andrij Jaroslawowytsch Melnyk. Ukrainischer Botschafter. 46 Jahre. Die „verbale Panzerhaubitze“ Kiews im Westen. Der gebürtige Lwiwer (Lemberger) studierte Chemie, Jura und Internationale Beziehungen und war während der Maidan-Proteste Aktivist. „Ich war der Fahrer des Maidans“. Der ungewöhnlichste Diplomat auf deutschem Boden sagt über sich selbst: „Ich bin ein moderater Mensch. Kein Radikaler. Ich will Menschen überzeugen. Durch die Kraft des Wortes“. Dabei versteht Melnyk seine Mission als Abwehrkampf eines überfallenen Landes, das um sein Überleben ringt. In dieser Notwehrsituation

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