Category : aktuelles

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Kain und Abel

Nicht zu ertragen. Im Namen Gottes werden Menschen gequält, gefoltert, gefangengenommen, abgeschlachtet. Wie einst SS-Einsatzgruppen metzeln schwarzuniformierte Isadin-al-Kassam-Brigaden Juden nieder. Weltweit verbreitet mit Hilfe unzähliger Body- Handy- oder Dashcams. Ein stundenlanges Massaker am frühen Sabbat-Morgen des 7. Oktober 2023. Auf Straßen, in Kibbuzen, bei einem alternativen Nova-Festival. Dort hatten sich junge Menschen zum israelischen Wüsten-Rave „Sukkot Gathering“ getroffen, um bei Yoga, Goa-, Psy- und Trance-Techno in eine „Reise der Einheit und Liebe einzutauchen. An einem neuen und spektakulären Ort, der die beste Musik der Welt, außergewöhnliche und vielseitige künstlerische Darbietungen und viele andere atemberaubende Inhalte kombiniert“, so der Einladungstext. Für 260 junge Menschen wurde das Nova-Fest eine Reise in den

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Typisch Berlin

Rotz an der Backe? Na, und! Was soll´s? – Wirklich große Städte haben ihre eigenen Gesetze. Die Melodie lautet: Anonymität, Massen, Tempo, Vielvölkergemisch. Es ist bunt, laut, schmutzig. Was geht? Große Klappe, schräge Typen, merkwürdige Gestalten. Ein Käfig voller Narren: Außenseiter, Glückssucher, Selbstdarsteller. Der Bühnenvorhang öffnet sich jeden Tag. Die hektische Metropole mitten in der märkischen Streusandbüchse pflegt seit einem Jahrhundert, seit den schmutzig-goldenen Zwanzigern den Mythos von Babylon Berlin. Die Stadt an der Spree spült die besten und die schlimmsten Seiten der Menschheit nach oben. Freiheit und Toleranz vs. Respektlosigkeit und Gleichgültigkeit. Wer regiert die Stadt? Die politische Elite? Lobbyisten? Springers Bild? Oder die Woken, der rot-grüne Latte Macchiato-Mittelstand?

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Neue Wege

Es war ein 14. Mai. Mein Geburtstag. Doch als Rotterdam 1940 in Schutt und Asche gelegt wurde, war ich noch lange nicht auf der Welt. Erst achtzehn Jahre später sollte es so weit sein. Da waren die Trümmer von Rotterdam längst beiseite geräumt. Viele Städte in Europa erlitten das gleiche Schicksal. Dresden zum Beispiel im Februar 1945, oder Berlin. Der Krieg kehrte dorthin zurück, wo er angezettelt wurde. 1945 bauten die Holländer ihre zerstörte Stadt an der Maas wieder auf. Im Zentrum Rotterdams blieb nur die Ruine der Laurenzkirche (Laurenskirk) stehen. Verloren zeugte sie von einer gigantischen Zerstörungsorgie. Die Deutschen hatten Rotterdam in Grund und Boden bombardiert, um die Kapitulation

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Wir sind Weltmeister

Acht Spiele, acht Siege. Ein deutsches Team ist zum ersten Mal Weltmeister. Kein hochbezahltes DFB-Fußball-Team. Weder Herren noch Damen. Keine Handballer, keine Leichtathleten, die ohne eine einzige Medaille bei der letzten WM blieben. Es ist eine deutsche Randgruppensportart: Basketball. Früher nur in Uni-Städten oder US-Stützpunkten gespielt. Die Vorbilder kamen aus den dem früheren Jugoslawien oder – ganz klar – aus den USA. Jetzt hat eine deutsche Auswahl die Lehrmeister des Sports besiegt. Erst gewannen die Deutschen gegen die USA, dann im Finale gegen Serbien. Eine Sensation, melden die Medien, die bis zum WM-Titel die Erfolge der Korbjäger konsequent ignoriert hatten. So läuft das Geschäft. Nichts ist erfolgreicher als der Erfolg.

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Ach, lass liegen!

Aufräumen, To-do-Listen abarbeiten, Lästiges erledigen. Oh, Gott! Ordnung ist das halbe Leben, sagt der Volksmund. Über die andere Hälfte hat sich Nele Pollatschek  Gedanken gemacht. Die streitbare und talentierte Journalistin beschäftigt sich in ihrem neuen Buch „Kleine Probleme“ mit der Last des ständigen Aufschiebens. Wer kennt das nicht?  Im Mittelpunkt steht ein 49-jähriger Lars. Durchschnittstyp, verheiratet, eine Tochter. Der Vorstadt-Schluffi hat – genau genommen – nur YouTube studiert. Er ist keine Trans, kein cooler, queerer Zeitgenosse. Er ist eine Stimme, die schon lange nicht mehr gehört wird. Auch Lars sucht den Weltrettungsknopf, träumt von einer Karriere als Bestsellerautor oder wenn es dazu nicht reicht, wenigstens vom Aufstieg zum Homeshopping-Milliardär.  

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Wolfskinder

Es ist seine 66. Tour nach Litauen. Mit seinem privaten Skoda und vollbepacktem Anhänger zuckelt der 81-jährige Günter Toepfer zu seinen „Wolfskindern“. Es ist eine weite, beschwerliche Reise ins ehemalige Memelland, im heutigen Litauen. Der Berliner Ingenieur hält seit einem Vierteljahrhundert an seiner Hilfs-Mission fest: Er kümmert sich um die letzten Überlebenden. Er will, dass die deutschen Kriegskinder von 1945 nicht vergessen werden. Heute leben noch zwei Dutzend der einst 7.000 Waisenkinder aus Ostpreußen. Kinder, die zwischen alle Fronten gerieten. Die Bundesrepublik konnte sich erst im Jahre 2017 zu einer einmaligen Entschädigung von 2.500 Euro pro Person durchringen. Ein privater Förderverein um den ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Frhr. v. Stetten finanziert

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Dem Himmel nah

Aufgeregtes Tuscheln. Kurz vor dem Konzert des hoffnungsfrohen Nachwuchses der Berliner Hochschule der Künste. Großes Orchester, stattlicher Chor, nervöse Anspannung bei allen Beteiligten. Das Ganze ist kostenlos. Das Saallicht verlischt. Die Streicher setzen ein, wenig später Bläser und Chor. Sie tauchen den Saal in ein warmes Wonnebad zum Wohlfühlen. Mit ausladenden Harmonien verwandeln Chor und Orchester meinen Alltag in einen romantischen Rausch der Töne. Die jungen Musikerinnen und Musiker verzaubern mit Klarheit den vierstimmigen Chorsatz und schaffen Momente von schwelgerischer Schönheit.  Nach gut fünf Minuten ist plötzlich Schluss. Beifall brandet auf. War´s das? Ja. Das Frühwerk des 19-jährigen Gabriel Fauré dauert nicht länger. Schade! Mit seiner Vertonung der Hymne von

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„Natur braucht Geld“

Der Regenwald soll gerettet werden. Die Amazonas-Konferenz blieb vor kurzem unverbindlich. Auf einen Abholzungsstopp ab 2030 konnte sie sich nicht einigen. Bedauerlich, es war das erste gemeinsame Treffen seit vierzehn Jahren. Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva brachte das Problem auf den Punkt:  „Mutter Natur braucht Geld, sie braucht Finanzierung, weil die industrielle Entwicklung sie in den letzten 200 Jahren zerstört hat“. Das gigantische wie gefährdete Amazonasgebiet verfügt über zehn Prozent der biologischen Vielfalt unserer Erde. Die Hunderte Milliarden von Bäumen sind eine der wichtigsten Kohlenstoffsenken der Welt. Daher fordern Amazonas-Anrainer die von den Industrienationen versprochenen 100 Milliarden US-Dollar. Aber kann man mit Geld Natur reparieren? Welche Lösungen gibt

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Letzte Worte

Vor wenigen Tagen verurteilte ein russisches Gericht den Oppositionellen Alexej Nawalny wegen „Extremismus“ zu neunzehn Jahren Straflager. Der Prozess fand in einem improvisierten Gerichtssaal im Straflager Melechowo unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. In seinem Schlusswort sprach er von einer „stalinistischen Haftstrafe“ und sagte über den Schauprozess: „Die Zahl spielt keine Rolle. Ich verstehe sehr gut, dass ich, wie viele politische Gefangene eine lebenslange Haftstrafe verbüße.“ Nawalny hatte 2020 einen Nervengiftanschlag nur knapp überlebt. An die Öffentlichkeit richtete der 47-jährige folgenden Appell: „Verliert nicht den Willen zum Widerstand.“ Das System Putin bricht mit geradezu stalinistischer Härte jegliche Versuche von Widerstand und Opposition. Das Recht wird gebeugt. Nach § 293 der russischen

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Kirche im Dorf

Ein Sonntag auf dem Lande. Angenehme Stille. Nur die Feldlerche trillert fröhlich ein Liedchen. Ein heißer Sommertag kündigt sich an. Die riesigen Roggenfelder warten auf den Ernteeinsatz. Ich radele ins Nachbardorf, zum Gottesdienst. Wie bitte? Wirklich! Alle drei, vier Monate kommt der Pfarrer vorbei, er hat mehr als ein gutes Dutzend Gemeinden zu betreuen. Da bleibt für die kleine Kirche im Nachbardorf wenig Zeit. Ich komme in letzter Minute in der schnuckeligen Fachwerkkirche an. Gleich am Eingang werde ich vom Kirchenvorstand abgefangen: „Ah, der radelnde Kantor! Dann kommen Sie, es geht gleich los.“ Er führt mich zur kleinen Hollenbach-Orgel und wirft die Elektrik an. „Auf geht´s. Dann können wir loslegen.“

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