Category : aktuelles

Hurra! Ackern bis 101

Rente mit siebzig, fordert Wolfgang Schäuble. Lebensfremd, kontert Andrea Nahles. Schuften bis die letzten Zähne ausfallen? Wer will das schon? Auch die Babyboomer-Generation steht bald vor einer großen Zäsur. Es ist nun mal so: Jeder will alt werden. Aber keiner alt sein. Malochen bis weit über 65? In einem kleinen Betrieb in der Nähe von Boston gehören Rentnerjobs zum täglichen Brot. Vita Needle heißt die Vorzeige-Firma im Vorort Needham. Durchschnittsalter: 74 Jahre. Das Überraschende. „Es macht mir großen Spaß hier zu arbeiten“, sagt Robert Omara (71). Auch seine vierzig Kolleginnen und Kollegen kommen gerne und freiwillig. Die Rentner sind zuverlässig, diszipliniert und belastbar. Sie arbeiten meist vier bis fünf Stunden,

Read More →

Ewig jung

„Die Welt ist eine Bühne/Männer und Weiber, alle, Schauspieler nur.“ So soll es sein. Shakespeare ist nun vierhundert Jahre tot. Doch seine Werke sind jünger, moderner und aufregender als die allermeisten, die sein Schaffen kopierten und interpretierten, liebten oder verfluchten. „Wie es euch gefällt“. Das ist seine klare Ansage. Zeitlos, universell, voller Treffsicherheit und mitten im menschlichen Leben. Es sind Geschichten, die so himmelstürmend wie abgrundtief vom ewigen Scheitern erzählen. Von Schicksalen kleiner Menschenkinder wie dich und mich. Wer war er? Ein einsames Genie? Oder ein Teamplayer im Theaterkollektiv, im legendären „writers room“? Vielleicht doch der große Unbekannte unter falschem Namen? Auch an seinem 400. Todestag gibt William Shakespeare weiter

Read More →

post image

Wo geht´s zur Karriereleiter?

Eines Tages war sie einfach weg. Die Karriereleiter an der Investitionsbank Berlin. Ein Kunstwerk, fünfzehn Meter hoch, ein fulminantes Statement. Mehrere Aktenkofferträger hangeln sich nach oben, während sie kraftvoll nach unten treten. Sie haben nur ein Ziel: Ganz oben zu sein. Koste es, was es wolle. Da traute sich jemand etwas. Der Künstler, der frech, fröhlich und für alle sichtbar seine Sicht vom Kampf der Ellenbogen inszenierte. Die Bank als Auftraggeber, die großzügig Narrenfreiheit gewährte. Kunst am Bau. Nicht verspielt oder lammfromm, nein klar, provokativ und mit einem Schuss Selbstironie. Seit ein paar Jahren herrscht wieder Leere. Über Nacht war das Werk verschwunden.   „Die Leiter ist auf dem Schrottplatz

Read More →

post image

„Genau hier sind sie richtig…“

Das Licht brannte immer. Morgens, mittags, abends und nachts. Mitten im Laden ein großer Schreibtisch, an dem in stets gleich vorgebeugter angestrengter Haltung ein Mann mittleren Alters saß. Er schien mit seinem Computer wie mit einer Nabelschnur fest verbunden. „Satz, Layout, Grafik“ steht in weißen Lettern an der Schaufensterfront. Nun ist der Laden leer geräumt. Niemand sitzt mehr da. Nicht mehr an Heiligabend oder an langen Sommernächten. Nicht morgens um sieben oder Sonntagmittags, wenn Familien ihren Spaziergang zelebrieren. Der Grafiker ist weg. Man hat ihn im Zinksarg aus seinem Laden getragen.   Der unscheinbare Grafikladen befand sich in der Mitte meiner kleinen Straße im Westen der großen Stadt. „Druckvorstufe, Elektronische

Read More →

„Mach dich hübsch!“

Das weibliche Ohr in einer Nahaufnahme. Der Betrachter ist irritiert. Was soll das denn? Die Antwort: Hinsehen, zuhören, nachdenken. Die Fotoserie Ohren entstand in den Straßen von New York. Aus Alltäglichem Außergewöhnliches entwickeln. Das ist die Kunst der Isa Genzken. Schau genauer hin! Das ist ihr Motto. „Mach dich hübsch“, heißt nun ihre erste umfassende Werkschau, die jetzt im Berliner Gropius-Bau zu sehen ist. Sei ein weiblicher Narr, fordert sie. Setze die Welt neu zusammen. Und das tut sie.   „Ich wollte schon immer den Mut haben, total verrückte, unmögliche und auch falsche Dinge zu tun“, sagte die gelernte Bildhauerin einmal. Geboren 1948 in Bad Oldeslohe zählt Isa Genzken heute

Read More →

post image

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Es ist das beliebteste und bekannteste Gedicht von Hermann Hesse, dem deutschen Vorzeige-Dichter für die Sehnsucht nach anderen Lebensformen. Der Mann, der mit „Steppenwolf“ und „Siddhartha“ ganze Gymnasiastengenerationen geprägt hat, gelang mit dem „Stufen“-Gedicht ein großer Wurf. Trost und Erbauung für viele Menschen in persönlichen Krisenzeiten. Doch ist der Zauber des Anfangs ganz anders gemeint? Es gibt Recherchen, die sagen, es sei kein Zufall, dass die Urfassung dieser Ermutigung in einer Zeit entstand, in der er sich von seiner Frau Mia trennte und einer jüngeren Geliebten zuwandte. Hesse als profaner Herzensbrecher? Alles hormoneller Zauber? Doch hier ungekürzt die „Stufen“. Ein Gedicht wie ein Gebet.   Stufen (1941) „Wie jede Blüte

Read More →

Zurück in die Zukunft

Die Analog-Bewegung ist angeblich da: Buchladen statt Amazon, Bargeld statt Kreditkarten. Lagerfeuer-Gespräche statt Facebook, Brief statt Email, Kino statt Netflix und ach ja – Denken statt Googlen. Das wäre schön und klingt irgendwie nach Retro. Oder nach „BIO“? Na klar. Es ist das identische Modell wie im Bio-Business. Apfelsaft naturtrüb statt Aldi-Tüte aus dem Regal. Möhre statt Milky Way.   Wie viel analog und wie viel am Tag digital lebt der moderne Mittelstandsmensch? Die Zahlen sind eindeutig: Twitter, Facebook, Instagram oder Periscope dominieren den Alltag und steigern den Blutdruck. Rein, raus, der nächste Tweed. Dagegen ist das Netz fast schon old-fashioned. Und dennoch: Bei Google lernt man am wenigsten. Das

Read More →

So what?

Miles Davis. Ein Mann mit goldenen Händen. Ein Musiker, der den Groove hatte. Der wusste, worauf es ankommt. Sobald er ansetzte, verwandelte seine Trompete die Welt in eine Andere, Größere, Schönere. Lässig, cool bis zum Höhepunkt. Ist das Jazz? Miles Davis winkte ab. Nein, das sei Social Music, sagt er einmal. Nun setzt ihm ein Film ein Denkmal. Er heißt Miles Ahead und garantiert kurzweilige anderthalb Stunden. Mehr als zehn Jahre hat Don Cheadle an seiner Miles Davis-Biografie gearbeitet. Kurz vor Fertigstellung ging das Geld aus. Per Crowdfunding konnte das ehrgeizige Projekt in letzter Minute gerettet werden. Don Cheadle hat alles riskiert. Es ist sein Debüt. Der US-amerikanische Schauspieler ist

Read More →

post image

Motiviert?

Der junge Punk wartet auf Kundschaft. Jeden Tag lümmelt er auf der Treppe zum Berliner S-Bahnhof Savignyplatz. Mit Hund, Decke, Bierflasche und Buch. Seine aktuelle Lektüre: „Mieses Karma“. Interessanter Titel. Ich frage nach. In diesem Roman erzählt der Autor David Safier von einer attraktiven Talkmasterin, die unausweichlich zu einer kleinen miesen Ameise schrumpft. Was fasziniert den Schnorrer mit den gelb gefärbten Haaren am bösen Karma? Will er nicht lieber nach oben kommen? Der Plot sei klasse, sagt er. Übersetzt bedeute dies, richtige Bösewichte vom Schlage eines Hitler, Stalin oder Pol Pot müssten künftig als Darmbakterien Wiedergutmachung leisten. Wäre doch klasse, oder? Pause. Passanten hetzen vorbei. Den Kopf eingezogen, eiligen Schrittes,

Read More →

post image

Adler oder Maulwurf?

Was kann ich nur anstellen mit meinen Jahren zwischen Wiege und Grab? Eine Menge meint Jakob Hein, im Hauptberuf Arzt, in seiner Passion Schriftsteller und zudem Sohn des bekannten Autors Christoph Hein. Das steht aber auf einem anderen Blatt. Jakob schreibt am liebsten Schelmenromane. Er liebt Anekdotisches und Abseitiges. Er weiß, dass Bücher längst an Tankstellen zwischen Kondomen und Senf dargeboten werden. Also schreibt er vom Leben wie es ist. Der 44-jährige Berliner ist ein fleißiger Sammler für „verworfene Ideen“, sucht stets händeringend nach dem idealen Romananfang, bezeichnet sich in schwierigen Lagen als „Problemanalytiker“ und bemerkt, dass Menschen wie Dauerschauspieler sind, immer im Einsatz auf der Bühne des Lebens, um

Read More →

1 41 42 43 44 45