Category : aktuelles

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The Voice

Als sie auf der Bühne im Rampenlicht Heal the World anstimmt, schaut eine Milliarde Menschen zu. Judith Hill hat ihren ganz großen Moment. Sie singt am 7. Juli 2009 auf der bewegenden Trauerfeier für Michael Jackson den Solopart. Der Superstar wird verabschiedet, Judith das Background-Girl hat den großen Auftritt. Endlich kann das Multitalent zeigen, was sie kann. Sie ist 25 Jahre jung, voller Lust und Leidenschaft, Menschen mit ihrer Stimme zu verzaubern. Eigentlich sollte sie gemeinsam mit Michael Jackson am 13. Juli 2009 auf Tour gehen, um mit ihm  „I will be missing you“ im Duett zu präsentieren. Doch dazu kommt es nicht. Der Sensenmann war schneller. Michael Jackson stirbt

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Sommerträume

Irgendwie ist alles Mist. Das typische 2023er-Lebensgefühl in Zeiten von Hitze, Krieg, Klimawandel und Ungleichheit verharrt in starrer Gleichgültigkeit. So viel Müdigkeit und Erschöpfung. „Ich bin zu matt für eine gute Wut.“ Im Netz halten die meisten ihre Identität für etwas besonders Kostbares, gleichzeitig will niemand auf etwas festgelegt werden. Sortenrein soll es im Leben zugehen. Bei den Rechten und Völkischen sowieso. Bei den Linken besonders in den eigenen Reihen. Wer anders denkt, ist AfD, Nazi oder Rassist. Die Mitte schüttelt ratlos den Kopf. Doch die allermeisten gehen auf Tauchstation. Auf TikTok, Twitter und Insta hat der Rausch der Eigenliebe und Fremdbeobachtung die allerletzten Reste Privatheit erobert. Das Anprangern feiert

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Chausseestraße 131

Das vierstöckige Eckhaus beherrscht die laute, vielbefahrene Kreuzung an der Berliner Friedrichstraße, die sich hier zur Chausseestraße verwandelt. An der Fassade grauer DDR-Putz, verziert mit notdürftig verputzten Stellen, die wie ausgedrückte Pickel aussehen. Das dominante Gebäude wirkt wie ein vergessener Restposten in der Boomtown von Berlin-Mitte. An den Fenstern blättert Farbe ab, Hauseingang und Treppenaufgänge sind mit Graffitis beschmiert, der Hinterhof ist ein verwahrloster Gerümpel-Haufen. Zille lässt grüßen. Das Haus Chausseestraße 131 zeigt ungeschminkt die Spuren seiner bewegten Geschichte. Hier residierte einst der jüdische Mosse-Verlag. Ein halbes Jahrhundert später wohnte und lebte hier der Dichter Wolf Biermann. In seiner Wohnung entstand 1968 das legendäre Album „Chausseestraße 131“. Acht Jahre später

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Wagners Götterdämmerung

Die Wagner-Gruppe ist in aller Munde. Putins Privatkrieger. Putins Söldner, Sträflinge und Pseudo-Putschisten. Warum eigentlich Wagner? Richtig. Gemeint ist Richard Wagner, der deutscheste aller Komponisten. „So sei des Reiches Kraft bewährt!“, heißt es im dritten Akt von Lohengrin. Solche Sätze gefielen Hitler – und auch Dmitri Utkin, Oberstleutnant der russischen 2. Spezialaufklärungsbrigade. 2014 gründete der Berufssoldat seine Privatarmee mit dem „Kampfnamen Wagner“. Utkin, Sohn eines Georgiers, wuchs bei seiner Mutter in der Ukraine auf. Zielstrebig baute er seine anfangs zehn Mann-Truppe zur Tausende Söldner zählenden starken Privatarmee aus. Sie kämpft im Ukraine-Krieg seit 2014 auf Seiten der Separatisten. 2017 wechselte Utkin zur Oligarchengruppe von Jewgeni Grigoschin, dem heutigen Wagner-Boss.  

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Hatte die DDR jemals eine Chance?

DDR? Osten? Um Gottes willen, runzeln viele die Stirn. Großer Knast, hohle Sprüche, Scheitern auf der ganzen Linie. Nichts funktionierte außer leeren Versprechen und lauten Parolen. Viel Marx, noch mehr Murks, nur Petersilie auf dem Brot. Das Experiment ist krachend gescheitert. Und das ist gut so, meinen die Allermeisten. Merkwürdig: Das kleine Land ist dennoch nicht unterzukriegen. Wenn Merkels Abschiedslied „Michael, du hast den Farbfilm vergessen“ erklingt oder Oschmann in seinem Bestseller wütet: „Die Ostdeutschen; eine westdeutsche Erfindung.“ Je länger die DDR tot ist, desto schöner wird sie, hatte  der Schriftsteller Jurek Becker nach der Wende prognostiziert. Er sollte Recht behalten.     Heute träumen viele „endlich wieder“ von Ordnung

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Wenn das Volk nicht mehr will

Es war, als würde ein Funke in ein Benzinfass fallen. Hunderttausende Menschen erhoben sich in der DDR innerhalb weniger Stunden. Arbeiter streikten am 17. Juni 1953 gegen ihre Arbeiterregierung. Aus über 700 Orten wurden Proteste gemeldet. Auslöser war die im April 1953 beschlossene zehnprozentige Normerhöhung. Doch die Ursachen für die Revolte lagen tiefer. Der Aufbau der DDR führte zu Wirtschaftskrisen, Mangelwirtschaft und allgemeiner Unzufriedenheit. Preise wurden erhöht, viele Waren gab es nur gegen Marken, waren unbezahlbar oder Mangelware. Die Verfolgung „objektiver Feinde des Aufbaus“ wie Unternehmer, Junge Gemeinden oder Andersdenkende mit Hilfe von Gummiparagraphen wie Boykotthetze füllte Gefängnisse. Zwischen Juni 1952 und Mai 1953 stieg die Zahl der Häftlinge in

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Oh, happy day

Als der Regen einsetzt, jubeln Mensch und Natur, Fauna und Flora. Die völlig erschöpften Feuerwehrleute im märkischen Jüterbog sind aus dem Häuschen. Hilfe von oben gegen tagelange Waldbrände. Selbst in Berlin war der beißende Rauch  in den südlichen Randbezirken zu schmecken, ähnlich wie die gelbtrübe Rauchglocke über New York, die gespeist aus den Wäldern Kanadas zum Big Apple geweht wurde. In Kanada brennt es weiter. In Deutschland hatte einmal mehr ein stabiles Hochdruckgebiet wochenlang das Land im Griff. Die Erde ist Anfang Juni ausgetrocknet und mürbe wie Knäckebrot. Verkehrte Welt. Früher sehnte man sich nach dem nächsten Sonnenstrahl, heute checken viele ihre Wetterapp, ob es vielleicht mal wieder regnen könnte.

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„Wegen Feindbegünstigung“

Deutschland 1943. Hitlers Reich zwischen Stalingrad-Desaster und Endsiegversprechen. Goebbels trommelt im Berliner Sportpalast für den „totalen Krieg“. Ein heimlicher Flüsterwitz geht so: „Wer zehn neue Leute für die Partei wirbt, darf aus der Partei austreten; wer ihr zwanzig zuführt, erhält eine Bescheinigung, dass er ihr nie angehört hat.“ Witze, Kritik oder auch nur leise Zweifel am Endsieg sind äußerst gefährlich. Das muss der junge, talentierte Karlrobert Kreiten aus Düsseldorf erfahren. Der 26-jährige Starpianist („Der Paganini des Klaviers“) bereitet sich im März 1943 in der Berliner Wohnung einer Bekannten auf sein Konzert in der Philharmonie vor. Er ist dort zu Gast, darf am Blüthner-Flügel üben, schaut dabei unentwegt auf Hitler. In

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Biko in der Waldbühne

Die zweite Zugabe rollt durch das weite Rund der Berliner Waldbühne. Für Steve Biko, kündigt Peter Gabriel auf Deutsch an, einen Mann mit besonderem Mut. Das Lied sei für alle Menschen in Südafrika, Russland, China und anderswo. Zwanzigtausend klatschen, singen, tanzen begeistert mit. Fäuste fliegen in den Berliner Abendhimmel. Die Masse feiert sich und Stephen Bantu „Steve“ Biko. Der Bürgerrechtler, der seinen Mut mit dem Leben bezahlte. Der unerschrockene Anti-Apartheidkämpfer, der Mitte September 1977 zu Tode geprügelt wurde, während das Regime die Lüge verbreitete, er sei an den Folgen eines Hungerstreiks gestorben. Peter Gabriel widmete Biko 1980 diese Hymne. Wie oft gespielt, wie oft gefeiert. Heilung, Support und Erlösung. Was

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King Kong in Brandenburg

Von oben betrachtet wirkt Tesla wie ein riesiges, notgelandetes Raumschiff in der märkischen Streusandbüchse. Mächtig, raumgreifend, ein gewaltiges Versprechen für eine bessere Zukunft. Seit gut einem Jahr rollen vor den Toren Berlins in Grünheide jede Woche rund fünftausend neue Tesla Modell Y vom Band. Abgasfreie E-Autos, gefertigt von fünfhundert Robotern, darunter „King Kong“. Bedient und betreut von etwa zehntausend Mitarbeitern, seit kurzem im Dreischichtsystem. Eine Gigafactory, errichtet im Tesla-Eil-Tempo. In etwas mehr als zwei Jahren pflanzte Elon Musk sein Riesending zwischen Brandenburger Kiefern. „Wie ein Sonnenstrahl in dunkler Zeit“, jubelte Brandenburgs Regierungschef Woidke von der SPD bei der Eröffnung. „Wir können Deutschland-Tempo“, pflichtete Kanzler Scholz bei. „Die Ansiedlung ist ein

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