Category : aktuelles

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Musik, die träumt

Er wird viel gespielt, ist verkannt und vergessen. Von jungen Musikern wird er jedoch begeistert wiederentdeckt: Gabriel Fauré. Ein französischer Komponist und Pianist. Spätromantiker vom Scheitel bis zur Sohle. Ein stiller, leiser Mann, der die sanfte Macht der Musik zelebrierte wie kein anderer. Er ist es wert, gespielt zu werden. Besonders Cantique, sein Lobgesang. Komponiert im Alter von 19 Jahren. Ein frühes Meisterwerk.     Der junge Student vertonte im Choral Cantique, auf Deutsch Lobgesang, eine 200 Jahre alte Textvorlage seines Landsmanns Jean Racine aus dem Jahre 1688. In dieser Hymne heißt es: „Gieße aus auf uns das Feuer deiner machtvollen Gnade, dass die ganze Hölle flieht vor dem Klang

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Was Recht war…

„Alles war Recht und Gesetz.“ – „Wir taten nur unsere Pflicht.“ – „Fachleute werden immer gebraucht.“ So hieß es unter Juristen nach Kriegsende. Der Rest war Schweigen. Jahrzehntelang. Erst jetzt über siebzig Jahre nach dem Untergang des NS-Regimes klärt eine aufsehenerregende Studie, wie unbeschadet Justizvertreter in der Nachkriegszeit im neuen Bundesjustizministerium weiter machen konnten. Als wäre nichts passiert. Zehn von dreizehn Abteilungsleitern der Rosenburg, dem ersten Bonner Dienstsitz, waren im Jahre 1957 frühere Parteigenossen der NSDAP. Das bedeutet 76,9 Prozent. Mit dabei Eduard Dreher, einst Sonderstaatsanwalt am NS-Sondergericht in Innsbruck.   Eduard Dreher machte in der Rosenburg Karriere. Er stieg in den fünfziger Jahren am Bonner Venusberg zum Referatsleiter auf,

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„Merkel muss weg“

Das muss weg, sagte sich Irmela Mensah-Schramm im Mai 2016. Die rüstige Rentnerin nahm eine Spraydose, Farbe Pink, und verwandelte die Parole in einer Unterführung  in ein friedlicheres „Merke! Hass weg“. Dazu sprühte sie zwei Herzchen. Die siebzigjährige Berlinerin wurde beobachtet, angezeigt und in diesen Tagen vom Amtsgericht Tiergarten offiziell verurteilt. Bei Wiederholung drohen der engagierten Frau 1.800 Euro Geldbuße und eine Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Mit der grellen Farbe Pink habe sie wissentlich eine Sachbeschädigung herbeigeführt, argumentierte die übereifrige Staatsanwältin. Sie beharrte auf einer Bestrafung, obwohl das Gericht zu einer Einstellung des Verfahrens tendierte. Die Frau, die sich selbst einmal als Politputze bezeichnete, wäre damit vorbestraft. Dabei

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Stadt der Zwerge

Wer genauer hinschaut, kann sie überall entdecken. 300 kleine Zwerge bereichern das Zentrum von Wroclaw. Mal versteckt, mal offen, jedoch stets aus Bronze. Musiker-Zwerge, Feuerwehrzwerge, deutsche und polnische Gartenzwerge: gemeinsam vereint, beim Feiern des Mauerfalls. Wo? In Breslau, der Stadt der Zwerge. Zudem für drei Monate noch Kulturhauptstadt Europas. Eine Stadt, die heiter stimmt, trotz der traurigen Geschichte.     Eine polnische Stadt als offizielle Kulturmetropole Europas. Geht das denn? Die Breslauer müssen nicht lange überlegen. Sie fühlen sich allein durch die Frage geradezu beleidigt. Im Gegensatz zu Warschaus Eliten und den Menschen auf dem flachen Land, wo die EU verdammt und verteufelt wird, steht das junge Breslau für Europa.

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Vika goes wild

Viktoriya Yermolyeva ist zart, eher zurückhaltend und ziemlich versiert am Klavier. Sie quälte sich durch die Konservatorien von Kiew, Weimar und Rotterdam. Spielte Chopin, Liszt und Rachmaninow in europäischen Konzertsälen. Und dann explodierte die kleine Ukrainerin. Sie nannte sich fortan Vika, perfektionierte den harten Klang des Metalls auf ihren 88 Tasten, coverte Hits und Songs, von den Doors bis zu Queen. Vika goes wild. Der Beginn einer rasanten musikalischen Entdeckungsreise.     Auf geht´s. Ein munteres Crossover. Klassik, Metall, Pop. Quer durch den Gemüsegarten. Vika arrangiert populäre Songs neu. Solo oder im Duett mit einem Drummer. Debussy trifft Depeche Mode. Metallica Mozart. Radiohead Rachmaninow. Vika ist ein typisches Kind des

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Die doppelte Stadt

Wer sich das Wahlergebnis der Hauptstadt genauer anschaut, kommt zu einem naheliegenden Schluss. Berlin bleibt geteilt. Auch ein gutes Vierteljahrhundert nach dem Mauerfall. Grenzen teilen Ost und West, aber auch Wohlhabende und Abgehängte. Diese neue Trennlinie zwischen Toleranz und Offenheit einerseits und Abgrenzung und Protest andererseits verläuft exakt entlang der alten Mauer. In den meisten östlichen Bezirken erreichen AfD und Linkspartei zusammen klare Mehrheiten. Weiter westlich hingegen schwächelt die AfD während die FDP triumphiert. Dazwischen zerbröseln die Volksparteien SPD und CDU.     Alles Altlasten? Ist es das vielbeschworene Erbe von Mauer und Kaltem Krieg? Wer sich mit einfachen Antworten zufrieden gibt, braucht ab jetzt nicht mehr weiterzulesen. Für alle

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Am deutschen Wesen

Das Land sucht seine Mitte. Wieder einmal. Mit einer Rolle rückwärts in die Zukunft? Vor 150 Jahren reimte ein Heimat-Dichter und Spätromantiker: „Macht und Freiheit, Recht und Sitte, Klarer Geist und scharfer Hieb/ Zügeln dann aus starker Mitte/Jeder Selbstsucht wilden Trieb, Und es mag am deutschen Wesen/Einmal noch die Welt genesen.“ Der Name des Poeten? Unbekannt? Er heißt Emanuel Geibel. In Lübeck kann man ihn noch antreffen. Im Rest der Republik ist er vergessen. Aber die letzten Zeilen seines Gedichts Deutschlands Beruf aus dem Jahre 1861 spuken ungebrochen weiter durch unsere Hirne und Herzen. „Es mag am deutschen Wesen – einmal noch die Welt genesen.“ Aus dem patriotisch intonierten Verb

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Über Vater und Sohn

Bruce Springsteen. Der Boss. Zwei neue Bücher, ein altes Thema. Die Einsamkeit des Künstlers. Viele Jahre litt der US-Rockstar unter Depressionen – das schreibt er selbst in seiner Autobiografie. Als sein Vater 1998 starb, holte ihn der „Schwarze Hund“ ein. Doug Springsteen hatte seinen Sohn ein Leben lang schikaniert. Mithilfe von Ärzten, Medikamenten und Ehefrau Patti fand er wieder aus dem Tief. Bruce: „Wenn sie den Güterzug sieht, der Nitroglyzerin geladen hat und aufs Entgleisen zusteuert, dann bringt sie mich zum Arzt und sagt: ‚Dieser Mann braucht ein Pille‘.“   Bruce Springsteen verkörpert wie kein anderer das andere, bessere Amerika. Der ehrliche Arbeiter. Bodenständig, zuverlässig, geradeaus. Ein Working Class Hero.

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Marlene unter uns

„Wo denn das Grab der Dietrich sei“, frage ich eine ältere Dame mit grüner Gießkanne. Schnurstracks antwortet die Berlinerin: „Folgen Sie mir. Sie liegt direkt neben meinem Mann.“ Wir gehen einige Reihen auf dem Friedhof Friedenau entlang. Die Frau volle Kanne vorneweg. „Da ist sie.“ Wir stehen vor dem Ehrengrab der Marlene Dietrich. „Es wird kaum gepflegt. Eine Schande. Die Blumen verdorren. Keiner räumt sie weg. Ach…“ Die Witwe macht eine stumme wegwerfende Handbewegung, wendet sich ab, gießt ihren Mann.     „Hier stehe ich an den Marken meiner Tage“, lese ich. Hier ruht sie also. Die Grand Dame des deutschen Films. Geliebt, gehasst, umstritten, gefeiert. In Paris einsam gestorben,

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Is mir egal

„Erster Schultag in Berlin. Die Kinder haben noch keinen Stundenplan, aber am zuckerfreien Vormittag wurden schon mal die Namen getanzt.“ Notizen vom Prenzlauer Berg. Die Hauptstadt ist aus den Ferien zurück. Und – wie gewohnt – funktioniert nichts richtig. Das Finanzamt ist abgetaucht. Das Bürgeramt Kreuzberg schickt verzweifelte Bürger wieder weg, die bereits zum fünften Mal einen ausgefüllten Antrag abstempeln lassen wollen. Warum? – Antwort des Amtsträgers: „Ganz einfach – weil ich nicht will!“ Das ist Berlin. „Is mir egal“, ein Werbespot der hauptstädtischen Verkehrsgesellschaft BVG hat längst Kultstatus erlangt. Sechs Millionen Menschen können nicht irren. Eigentlich sollte gegen Schwarzfahren geworben werden, doch die eigentliche Botschaft ist überall angekommen. Ist

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