Category : aktuelles

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Alles bleibt anders

Keine Sorge: Berlin bleibt sich treu. Die Hauptstadt liefert weiter Schlagzeilen, die blankes Erstaunen, Kopfschütteln oder Heiterkeit auslösen. Franziska Giffey, die nach der Pannenwahl in der Wiederholungswahl ihre Wiederwahl verpasst hat, bleibt trotz des Wahldebakels – schlechtestes Berliner SPD-Ergebnis aller Zeiten – voraussichtlich im Amt. Nicht als Regierende, vielmehr als Mitregierende in einer schwarz-roten Koalition. Die will gerne eine ganz Große sein, wird wohl aber eher eine halbstarke Regierungskoalition werden. Der wahrscheinliche, neue CDU/SPD-Senat vertritt 46,6% des Wählerwillens, wobei die größte Gruppe, die der Nichtwähler, gar nicht berücksichtigt ist. Doch das haben wir gelernt. Am Ende zählt nur eines: Mehrheit ist Mehrheit.     Was ist zu tun? Eine Menge.

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„Be a Mensch“

Sei ein Mensch, meinte einmal Hollywood-Regisseur Billy Wilder. Das zählt. Sonst nichts. So ein Mensch ist Ruth Weiss, 98 Jahre jung. Mit Kopfhörern und voller Elan gibt sie per skype ein Videointerview zum Reichstagsbrand. Ruth spricht ein wunderbares Thomas-Mann-Deutsch. Klar und deutlich, die Sprache ein wenig altmodisch, aber detailgenau und auf dem Punkt. Ihr Jahrhundertleben beginnt im Juli 1924. Das Elternhaus steht in Fürth, in der Theaterstraße. Die Eltern sind Kaufleute. Die kleine Ruth Löwenthal erlebt eine unbeschwerte Kindheit, wird mit „Wärme, Liebe und Geborgenheit“ groß, bis die Nazis an die Macht kommen. Da ist sie acht Jahre alt: „Ich ging um die Ecke, und da stand er vor mir,

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„Große Schwester“

Wie bitte? Ihr Partner gendert nicht! Ihr Chef reißt fahle Alt-Herren-Witze! Der dicke Nachbar schimpft über feministische Außenpolitik?! So was von gestern. Aufgepasst: Hilfe naht. Sollten Sie im Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz oder beim Familientreffen antifeministische Zoten vom Kümmerling bechernden Onkel aus Buxtehude  ertragen müssen, einfach melden, und zwar bei der neuen Meldestelle Antifeminismus. Der offizielle Titel lautet: „Meldestelle für Betroffene von Hass gegen Frauen und andere geschlechtliche Minderheiten“. Sollte es sich beim Onkel aus Buxtehude um eine „Person öffentlichen Interesses“ handeln, können Sie ihn ruhig namentlich nennen. Start frei für „Germanys Next Top Blaming“. „Wir sind überrannt worden – es ist erschreckend zu sehen, wie viele Fälle schon reingekommen sind“,

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Mona Lisa

„Lisa, der YouTube-Star aus Hollywood, genießt ihren Erfolg in vollen Zügen. Mit ihren charmanten Videos hat sie eine riesige Fangemeinde aufgebaut und ist zu einer festen Größe in der Online-Community geworden. Doch mit dem Ruhm kommen auch Intrigen und Neid. Viele Neider versuchen, Lisa zu schaden und ihr den Erfolg zu nehmen. Trotzdem lässt sich Lisa von solchen Dingen nicht beeinflussen und bleibt positiv und optimistisch. Sie weiß, dass hinter jeder Intrige auch ein Stück Eifersucht und Neid steckt und dass sie es sich durch ihre harte Arbeit und ihr Können verdient hat, wo sie heute steht. Doch auch wenn Lisa glücklich und erfolgreich ist, spürt sie manchmal eine tiefe

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Wo ist Kamala?

„Lass dir von niemanden sagen, wer du bist. Sag du ihnen, wer du bist.“ Mamas Motto für Kamala Harris, Vizepräsidentin der USA. Das Einwandererkind, das es bis ganz nach oben geschafft hat. Vater Donald, ein Wirtschaftswissenschaftler aus Jamaika, Mutter Shyamala Gopalan aus dem Südosten Indiens, Krebsforscherin. Ihre Eltern waren wie Feuer und Wasser. Sie nannten ihre Tochter Kamala, das bedeutet Lotusblüte. Die Kleine war fünf, als sie sich trennten. Und doch symbolisiert Kamala den amerikanischen Traum: „Du kannst die Erste sein, aber bleib nicht die Einzige“. Kamala, die Perfektionistin. Malocherin. „Top-Cop“, Kämpferin für Gerechtigkeit. Viele fragen sich: Was macht die große Hoffnungsträgerin? Warum hört man nichts? Liegt es an den

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Die Wahl

Bald darf Berlin wieder wählen. Weil die letzte Wahl in die Hose ging. Sie muss wiederholt werden, wegen „eklatanter Mängel“. So ist das in der Hauptstadt. Alle wollen hin, nichts funktioniert richtig. Nicht einmal Wahlen. – Ausweis verloren? – Wohnung ummelden? – Katastrophe. Wartezeit bis zu drei Monate. Nachwuchs stellt sich ein. Was für ein Glück! Doch das Berliner Murkelchen muss warten, bis es seine amtliche Geburtsurkunde bekommt. Sterben muss jeder. Doch in Berlin dauert das behördliche Ableben besonders lange. Für die Sterbeurkunde brauchen Angehörige viel Geduld. Es gibt noch Fälle aus dem letzten Sommer. Ein Bestatter klagt. „Eine Person, die Weihnachten 2021 gestorben ist, konnte noch nicht beerdigt werden.“

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Warten auf den 101er

Bushaltestelle U-Bahnhof Konstanzer am Berliner Preußenpark. Alle zwanzig Minuten hält hier ein Bus. Nicht weit vom Kurfürstendamm, im gutbürgerlichen Wilmersdorfer Westen. Seit vielen Monaten sitzt in der Haltestelle eine Frau und wartet auf den Anschluss. Sie hat sich mit Decken, Tüten, Rollkoffer und Schirm auf den Sitzbänken eingerichtet. Sie wohnt, lebt, schläft hier. Die Busse kommen, halten und fahren weiter. Sie steigt nicht ein. Mit einem Handbesen hält sie Ordnung, fegt den Boden. Meistens hat sie sich in Decken gehüllt. In eiskalten Januar-Nächten wie an heißen Julitagen. Der Hauptstadtverkehr tobt an dieser vielbefahrenen Kreuzung. Passanten hasten achtlos vorbei. Die Frau bleibt. Ihre Adresse ist die Bushaltestelle 101. Sie ist eine

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Last Song

„Gitarrengott. Jahrhundert-Gitarrist. Saitensänger“. Die Nachrufe auf den 78-jährigen Geoffrey „Jeff“ Arnold Beck schwelgen weltweit in Superlativen. Jeff Beck verabschiedete sich in diesen Tagen überraschend – für immer. Wenn es ein Himmelsorchester gibt, dann erhalten Jimi Hendrix, B.B. King, Chuck Berry, Prince, Stevie Ray Vaughan und viele andere eine brillante Verstärkung. Das Fachblatt Rolling Stone setzte den Briten einmal auf Platz fünf der 100 besten Gitarristen aller Zeiten. Dabei landete der stille Gitarrero kaum eigene Hits. Er sprang in den Sechzigern für Eric Clapton bei den Yardbirds ein. Spielte gemeinsam mit Jimmy Page. Jeff war der Typ vielgefragter Studiomusiker. Seine Mission? Er verfeinerte Songs, experimentierte, ließ mit seiner Fender-Stratocaster die Saiten

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Amour fou Teil 5 – Finale

Was blitzartig entflammt, kann glänzend leuchten. Irgendwann verlischt das Licht wieder. Es wird ausgepustet. Oder vergeht, hat keine Kraft, findet keine Nahrung mehr. Was ist Glück? Keine Termine und leicht einen sitzen, meinte einmal ein Berliner Entertainer. Ingeborg Bachmann und Max Frisch waren beide stets auf der Suche nach dem kleinen und großen Glück. Sie wussten: Schreiben kann Küssen mit dem Kopf sein. Am Ende ihrer aufregenden, rasch aufreibenden gut vierjährigen Beziehung werden die Briefe kürzer, schärfer und unversöhnlicher. Gebrochene Herzen schmerzen. Leben will ich, heißt es so schön: und nicht immer nur so tun. Mittlerweile streiten sich die Gelehrten, ob der Briefwechsel „eine Sensation“ oder „auf keinen Fall“ hätte

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Amour fou Teil 4 – Alles wird anders

Das neue Jahr beginnt mit einem Heiratsantrag. Warum nicht? Entscheidend ist, ob die Werbung zum passenden Zeitpunkt kommt. Und ob der oder die Angesprochene Ja sagt.  Es geht um das Wagnis der Ehe mit Zweisamkeit bis „an das Ende unserer Tage“. Das bedeutet in aller Konsequenz eine feste Bindung mit Trauschein. Für supersensible Kopfmenschen wie Ingeborg Bachmann und Max Frisch wäre die Ehe eine heikle Sache geworden. Wer ständig nach Freiheit und Unabhängigkeit strebt, muss eine Bindung rasch als Gefängnis empfinden. Bachmanns Antwort auf den Frisch-Antrag blieb aus. Verheiratet waren die beiden nie. Dennoch zeigt die vierjährige Affäre alle Merkmale der „Banalität einer Beziehung“. Alltag kehrt ein, mit Missverständnissen, gekränktem

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