Category : aktuelles

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Hurra! Die Zwanziger kommen

Willkommen im Berlin der Zwanziger Jahre. In der Friedrichstraße gehen die Revue-Lichter wieder an. Im Admiral-Palast wird der perfekte Berlin-Nostalgie-Abend versprochen: „Paillettenkleider glitzern im Abendlicht, heiße Melodien treiben zu immer zügelloseren Tänzen an und alle Grenzen verschwimmen im sündigen Dickicht der Nacht.“ Babylon Berlin hat Konjunktur. Im Kino, auf Netflix, in den Clubs, in den Köpfen von Unterhaltungsmachern und Vergnügungssüchtigen. Der Spiegel meint in seiner Titelgeschichte über die Goldenden Zwanziger, „als die Vergangenheit noch Zukunft war“.   Berlins Exportschlager: Mackie Messer – ein Welterfolg   Alles auf Anfang! Die Zeitmaschine kommt auf volle Touren. Mythos Berlin. Die Roaring Twenties. Mit Heilsbringern, Propheten, viel Glitzer und Elend, Halunken, Huren, Kommunisten und

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Oh happy Day

Heiligabend. Einmal im Jahr sind die Kirchen so rappelvoll wie Fußballarenen oder Möbelhäuser am verkaufsoffenen Sonntag. Dann werden Wünsche nach Geborgenheit, Kindheit und Gemeinsamkeit bedient. Hobby-Bläsergruppen holen das Letzte aus ihren Geräten heraus. Manchmal klingt ihr „Oh du fröhliche“ so herrlich schräg, dass die Engel im Himmel verzückt Halleluja – herrlich daneben! – rufen könnten. Die Pastorinnen und Pastoren werden an diesem Tag nicht müde, Glaube, Liebe, Hoffnung und Demut in einer überdrehten Ego-Welt zu predigen. Wie meinte doch einmal der alte Spötter Heinrich Heine? – „Wir wollen hier auf Erden schon/das Himmelreich errichten.“ Gott als Selbsterfahrungstrip? Jesus als Retter? Vielleicht für ein paar Stunden an Weihnachten, im Alltag wohl

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Der Seiltänzer

Der ganze Ost-West-Streit heutzutage ist an den Haaren herbeigezogen und „pille-palle“. Das sagt der Berliner Maler Trak Wendisch, geboren in der DDR. Seit dreißig Jahren gesamtdeutscher Bundesbürger. „Die Digitalisierung ist der Epochenbruch. Das ist die Entscheidungsfrage. Wer es nicht will, muss den Seiltänzer machen.“ Die Balance im Leben halten ist ein Grundthema des 61-jährigen Künstlers. Immer nah am Abgrund. Dicht vor dem Absturz. Wie sich oben halten? Mit erhobenem Haupt, auf dünnem Seil, ohne Netz und doppelten Boden? Trak Wendisch gehört eher zu den stillen Künstlern im Lande. Er lässt seine Werke sprechen, seine Haltung ist seine Botschaft. Er war in der DDR unangepasst, blieb sich in der Neuen Zeit

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Schöner Wohnen

Die Uhlandstraße in Berlin ist knapp drei Kilometer lang. Sie verbindet die gutbürgerlichen Bezirke Charlottenburg und Wilmersdorf, quert kerzengerade den Kurfürstendamm. Nach der Wende lange im Schatten vom neuen Babylon-Berlin in Mitte holt nun der „alte Westen“ auf. Ihren Namen verdankt die Straße Ludwig Uhland. Ein Dichter und Denker aus der schwäbischen Professorenhochburg Tübingen. Uhlands DNA ruht im bürgerlich-gelehrten Milieu. Rechtssinn und Unbeugsamkeit rühren vom Vater, heißt es, Phantasie und Gemüt von der Mutter. Ludwig Uhland war einer der Vordenker der bürgerlichen Revolution von 1848. Sie scheiterte. Aber der stille Dichter Uhland glaubte fest an eine humanistische Zukunft, in der nicht Besitz und Herkunft, sondern Talent, Fleiß und Können maßgeblich

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Wollen wir tanzen?

Kaum zu glauben. In diesen Novembertagen meldet sich ein lange Vermisster zurück. Aus dem Nichts. Seine Stimme kommt direkt aus dem Jenseits. Aber sie klingt, als wäre sie nie weg gewesen. Als hätte sie sich mit neuen Rasierklingen aufgeladen. Hallelujah, Leonard Cohen ist zurück. Dieser bekannte Unbekannte bittet zum letzten Tanz. Sohn Adam (mittlerweile auch schon 47 Jahre alt) präsentiert posthum sein Album Thanks for the Dance mit neun neuen Songs. Aufgenommen kurz bevor er diese Welt im November 2016 still und leise verließ. Drei Jahre ist das schon her. Damals intonierte er im Angesicht des Todes demütig „I´m ready, my Lord.“     Seine allerletzten Lieder erzählen einmal mehr

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Doppel-Daumen-Sound

Wer hört was? Welche Lieder bewegt das Land? Was ist im Netz angesagt? Wohin treibt die Pop-Branche? Wer das wissen will, braucht schon lange nicht mehr die Charts zu befragen. Die alten Erfolgslisten wie verkaufte Singles oder Alben sind von vorvorgestern. Denn die Doppel-Daumen-Klick-Generation streamt. Musik ist allzeit abrufbar. Ein Alltagsgegenstand, ein Wegwerfartikel, jederzeit online und löschbar. 24/7. Der Pop-Vordenker Carl Jakob Haupt klagte einmal: „Eine Jacke kann man besitzen, einen Popsong leider nicht mehr.“   Die ZEIT hat sich den Streaming-Riesen Spotify genauer angeschaut. Unter den 100 Top-Titeln der aktuellen Streaming-Charts sind exakt 22 deutschsprachige Hits. Die ZEIT mäkelt jedoch, dass viele der Songs „ein problematisches Frauenbild“ propagieren, also

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Von Siegern und Besiegten

Der dreißigjährige Frieden seit dem Mauerfall ist ein Grund zum Feiern. Das findet eine Mehrheit der Deutschen laut Umfragen. Doch die Ruhe trügt. Unter dem Einheits-Jubel gärt es kräftig. Ist das berechtigter, nachvollziehbarer Frust oder selbstgerechter Wohlstandsblues einer verwöhnt-überempfindlichen Gesellschaft? Sieger schreiben Geschichte. Das heißt: es gibt auch Besiegte. Diese schweigen, ziehen sich grollend zurück, verbittern. Ist folglich die AfD die logische Antwort auf die letzten dreißig Jahre? Bedeutet die Wahl in Thüringen den Einstieg in den Ausstieg aus alten Gewohnheiten, Mustern und Illusionen der vereinten Bundesrepublik? In diesem prosperierenden Bundesland wählten vor kurzem mehr als 55% scharf Rechts oder scharf Links. Die sogenannte Mitte aus CDU und SPD kam

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Über sieben Brücken

Das Lied ist ein echter Ohrwurm. Und längst deutsches Kulturgut – im ganzen Land, nunmehr seit fast dreißig Jahren vereint. „Über sieben Brücken musst du gehen“. Wer aber konstruierte die Brücken? – Helmut Richter. Ein Ingenieur und Dichter. Jemals gehört? Wohl kaum. Einige wenige kennen seinen Roman „Scheidungsprozess“ oder Hörspiele wie „Schornsteinbauer“ und „Alfons Köhler“. Mit seinem Brückenlied traf er ins Schwarze. Ein Lied, das buchstäblich über Nacht berühmt wurde. Richter schrieb den Song eigentlich für eine DDR-Fernsehproduktion im Jahre 1978. Der Film erzählt die Liebesgeschichte eines deutsch-polnischen Pärchens. Der vierminütige Abspann ist mit dem Song der Ost-Berliner Band Karat unterlegt. Das Lied traf den Nerv. Karat verkaufte ihren größten

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„Wahnsinn“

Es war einmal ein Land, das geteilt war. Das ist lange her. Heute teilen wir alles. Berlin, Deutschland, Europa und die Welt. Genau wie unsere Gefühle und Emotionen: Liebe, Hass, Leidenschaft, Wut, Überzeugungen, Ideologien, Hoffnungen, Enttäuschungen, Resignation, Trauer. Sofort, per Klick, rund um die Uhr. Wir teilen auf facebook, twitter, instagram, telegram, tiktok. Make your day. Real people. Real videos, heißt es in den digitalen Netzwerken. Dort findet heute der Kalte Krieg statt. Wir teilen aus, teilen uns mit, teilen die Welt ein in Gut und Böse. Im einst durch Mauer und Stacheldraht eingeschnürten Land gab es eine geflügelte Redewendung. „…in dieser Frage sind wir aber absolut geteilter Meinung.“  

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Mit-Gefühl – Feeling

Sie ist jung, talentiert, sieht gut aus und wird als Jazz-Wunder in den Medien gefeiert.  Sie selbst ist bescheiden geblieben. Kinga Glyk. Singen kann sie nicht, sagt die junge Polin über sich selbst. Will sie auch nicht. Lieber beherrscht sie ihren Bass wie keine andere ihrer Generation. Dabei ist der Bassist in der Regel männlich, eher zurückgezogen und zupft diskret im Hintergrund. Als Instrument übernimmt der Bass vorzugsweise eine dienende Rolle. Nicht bei Kinga Glyk. Virtuos entwickelt die Polin auf ihrem Lieblingsgerät eine eigene Handschrift, die überrascht und überzeugt. Kinga ist mittlerweile zwanzig Jahre alt. Sie gilt als eines der großen Talente im europäischen Jazz. Kinga ist ihr polnischer Vorname

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